Volltext: Die Operationen des Jahres 1916 : bis zum Wechsel in der Obersten Heeresleitung (10. 1936)

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Die Ostfront. — Russische Märzoffensive. 
Mai. oder 19. Mai. Jedenfalls seien die Russen so gruppiert, daß sie jederzeit 
mit starken Kräften zum Angriff schreiten könnten. Auch ein Angriff mit 
schwächeren Kräften beiderseits des Rarocz-Sees, aus dem Brückenkopf 
Iakobstadt heraus oder südlich von Riga sei möglich. Die Meldung schloß: 
„Die Heeresgruppe sieht jedem russischen Angriff mit Vertrauen entgegen. 
Ein Wegziehen von Reserven oder ein Übergang zu diesseitiger Offensive 
ist bei der jetzigen russischen Kräfteverteilung ausgeschlossen". General 
von Falkenhayn antwortete, daß ein Fortziehen von Kräften nicht beab- 
sichtigt sei, „es sei denn, daß dringender Bedarf an der galizischen Front 
entstehen sollte"; in diesem Falle werde aber auch mit Verminderung der 
russischen Kräfte vor der Front des Oberbefehlshabers Ost zu rechnen sein. 
Als Ende Mai der Kaiser mit General von Falkenhayn die 
Ostfront besichtigte und Generalfeldmarschall von Hindenburg ihm 
am 29.Mai in Wilna Vortrag hielt'), schätzte man die Russen 
vor der Front der Heeresgruppe auf 76% Divisionen mit 1224 Bataillonen, 
denen nur 36% deutsche Divisionen mit sogar nur 437 Bataillonen, 
darunter 64 vom Landsturm, gegenüberständen. Allerdings schienen die 
Russen seit Beginn der öfterreichifch-ungarifchen Offensive gegen Italien 
(15. Mai) von Dünaburg und Riga Truppen abzufahren. Als Ziel habe 
man zunächst die galizifche Front angesehen. Es sei aber ebenso möglich, 
daß es sich um Verstärkung der Angriffsgruppe gegenüber den inneren 
Flügeln der 12. und 10. Armee handele^). Einem russischen Angriff sähe 
man „mit absoluter Zuversicht" entgegen. Werde er abgeschlagen, bliebe 
er aus oder bestätige sich die Vermutung, daß Kräfte an die österreichisch- 
ungarische Front gefahren würden, so sei zu erwägen, wie die Reserven der 
Heeresgruppe zu verwenden seien. Ob zwei bis drei Divisionen im Westen 
von entscheidender Bedeutung seien, erscheine zweifelhaft; auch sei es 
bedenklich, sie dem Osten wegzunehmen, da sie bei der Heeresgruppe Prinz 
Leopold oder an der öfterreichifch-ungarifchen Front nötig sein könnten. Daher 
sei zu erwägen, ob man nicht trotz der feindlichen Überzahl zum Angriff 
schreiten solle. Ein Durchstoß durch die russische Front erscheine überall 
möglich, da die Stellungen schlecht ausgebaut und die Moral der russischen 
Truppen nicht mehr die alte sei. In Anlehnung an die bereits früher 
erörterten Pläne") wurde ein Angriff über die Düna oberhalb von Riga 
*) Der Wortlaut ist nicht bekannt. Die Darstellung stützt sich auf einen vom 
Ersten Generalstabsosfizier geschriebenen „Entwurf" zum Vortrage. 
2) Tatsächlich wurden zu dieser Zeit die russischen Garden aus der Gegend von 
Dünaburg in den Raum östlich vom Narocz-See verlegt. Bewegungen zur galizischen 
Front fanden nicht statt. 
8) S. 426.
	        
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