Letzte Anordnungen für die Westfront.
421
Am Tage nach der Besprechung verließ General von Falkenhayn den west-
lichen Kriegsschauplatz und ist dorthin nicht mehr zurückgekehrt.
Weisungen vom 15. August an die Heeresgruppen Gallwitz und Deut- ls.A«g«p.
scher Kronprinz betonten noch einmal die Notlage, in der sich die Oberste
Heeresleitung hinsichtlich der Vereitstellung von Kräften für Austausch-
und Ablösungszwecke befand. Die Heeresgruppe Gallwitz muhte
für die nächste Zeit im allgemeinen mit den überwiesenen Verbänden aus-
kommen und sollte den Nachteil, der insbesondere für die 2. Armee in der
geringen Zahl ihrer Reserven bestand, „durch häufigen Wechsel der in vor-
derster Linie stehenden Truppen, so daß die Reserve stets kampfkräftig
bleibe, und durch Verlegung von Teilen der Reserven der 1. Armee an die
innere Armeegrenze" abschwächen.
Die Mitteilung an die Heeresgruppe Deutscher Krön-
Prinz') wies einerseits auf die notwendige starke Einschränkung im Kräfte-
verbrauch hin, verlangte aber andererseits auch, beim Feinde den Eindruck
aufrechtzuerhalten, daß der deutsche Angriff an der Maas weitergehe. Daher
müsse „der tatsächliche Abbruch der Offensive in ernste Erwägung gezogen
werden". Die Führer der Angriffsgruppen Ost und West sollten sich hierzu
äußern.
Man wird annehmen dürfen, daß General von Falkenhayn diese
Weisung nicht ohne vorherige Fühlungnahme mit General Schmidt
von Knobelsdorf hinausgegeben hat. Möglicherweise ist sie sogar
auf desien Anregung zurückzuführen, denn er hatte noch am Morgen des
14. August vor der Chefbesprechung in Meziöres General von Lochow, den
Führer der Angriffsgruppe Ost, darauf hingewiesen, daß die Höhenlinie
Souville—Tavannes unter allen Umständen genommen werden müsse2). Die
Weisung vom 15. August schwächte die den Armeechefs gemachten Aus-
führungen über grundsätzlich defensives Verhalten an der Westfront wieder
ab. Sie läßt erkennen, daß General von Falkenhayn noch unschlüssig war,
inwieweit die Angriffstätigkeit vor Verdun eingeschränkt werden solle und
auch könne. Hatten doch die erbitterten, hin und her wogenden Kämpfe der
letzten Wochen den Beweis geliefert, daß mit dem am 11. Juli erlassenen
Befehl zu „strikter Defensive"^ die Schwierigkeiten der Lage keineswegs
behoben oder auch nur verringert waren. Wie wenig General von Falken-
Hayn sich verhehlte, daß es bisher überhaupt nicht zu „tatsächlichem Abbruch
») S. 400.
2) S. 399. — Auch eine Tagebuchnotiz des Gen. von Wild vom 15. Aug. deutet
darauf hin, daß Gen. Schmidt von Knobelsdorf bei der Chefbesprechung in Meziöres
die Wiederaufnahme des Angriffs auf Fort Souville angeregt hat.
S. 202.