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Die Westfront bis zum Sommer 1916. —
Verdun.
ii.Iuli. Die Erfolge der beiden Angriffsflügel konnten nicht darüber hinweg-
täuschen, daß das groß angelegte und seit langem vorbereitete Unternehmen
gescheitert war. Die Grünkreuz-Vergasung hatte nicht die erhoffte Wirkung
gehabt, weil einerseits eine erheblich geringere Menge Kampfstoff verschossen
worden war, die Feuergeschwindigkeit zur Schonung der Geschütze hatte
herabgesetzt werden müssen und es daher nicht zur Bildung großer, dichter
Gaswolken gekommen war, und weil andererseits der Feind sich seit dem
23. Juni mit einer neuen auch gegen Grünkreuzgas schützenden Maske ver-
sehen und die Masse seiner Artillerie südwärts verschoben hatte, wo sie von
den deutschen Feldbatterien nur unzureichend gefaßt werden konnte. Zudem
schien der dichte Baumbestand im Tillat- und Ory-Walde die Ausbreitung
des Gases verhindert zu haben. Schließlich hatte es sich gezeigt, daß ein
Teil der deutschen Infanterie nach den vorangegangenen schweren Kämpfen
den außerordentlichen Anforderungen, die ein Großangriff vor Verdun stellte,
trotz besten Willens nicht mehr gewachsen war.
Anter dem Eindruck des Mißlingens dieses zweiten großen Grünkreuz-
Unternehmens ordnete General von Falkenhayn, der am Nachmittage des
Ii.Iuli beim Oberkommando in Stenay eintraf, mündlich an: „Da die
für heute festgesetzten Angriffsziele trotz Aufwand an Grünkreuzmunition
und Kampfmitteln aller Art nicht erreicht sind, wird der Heeresgruppe Krön-
Prinz strikte Defensive befohlen". Er vereinbarte mit ihr die Abgabe
des Generalkommandos des III. bayerischen Armeekorps nebst der 5. baye-
rifchen Infanterie-Division von der Armee-Abteilung Strantz, der 56. In-
fanterie-Division von der Angriffsgruppe West sowie von neun leichten
Feldhaubitz- und 38 schweren Batterien der Angriffsgruppe Ost an die
2. Armee. In einer am Abend folgenden weiteren Weisung wurde dem
Oberkommando aber auch zur Pflicht gemacht, mit allen Mitteln dafür zu
sorgen, daß die durch die Abgaben veranlaßten Bewegungen dem Feinde
verborgen blieben. Dazu wurde die „Fortsetzung kleiner Angriffsunter-
nehmungen und besonders Besetzthalten möglichst vieler Feuerstellungen
durch Teilung oder häufigen Stellungswechsel der Batterien" empfohlen.
Das Oberkommando ordnete daraufhin am 12. Juli an, daß die Offen-
sive — „abgesehen von sich bietenden günstigen
Gelegenheiten zum Vorwärtskommen" — auf beiden
Maas-Afern zunächst einzustellen sei, doch seien „alle Vor-
kehrungen zu treffen, daß der Angriff nach dieser vorübergehenden Periode
des Stillstandes fortgesetzt werden" könne. Vis dahin müßten die erreichten
Linien auch gegen starke feindliche Vorstöße gehalten werden').
l) Zusammenfassende Würdigung des Gesamtergebnisses S. 404 ff.