Volltext: Die Operationen des Jahres 1915 ; [3]. Die Ereignisse im Westen und auf dem Balkan vom Sommer bis zum Jahresschluß (9. 1933)

VI. Der Arieg in den Kolonien bis Ende S.X) 
Vor dem Kriege herrschte allgemein die Auffassung, daß die Ent¬ 
scheidung über das Schicksal der deutschen Kolonien auf den Schlachtfeldern 
der europäischen Kriegsschauplätze fallen würde. Man war daher geneigt, 
Kämpfen in den Merseegebieten nur untergeordnete Bedeutung beizulegen. 
Als sich indessen der Krieg in Europa entscheidungslos hinzog, drängte sich 
immer mehr die Frage auf, ob die kriegerischen Vorgänge in den Kolonien 
nicht doch wenigstens mittelbar einen gewissen Einfluß auf Verlauf und 
Ausgang des großen Ringens gewinnen könnten. Es war denkbar, daß 
zäher und langandauernder Widerstand der deutschen Schutztruppen stark 
überlegene Kräfte der Feinde an Nebenkriegsschauplätzen zu fesseln und von 
der Mitwirkung an den Hauptentscheidungen in Europa fernzuhalten 
vermochte. 
Bei Beginn des Weltkrieges standen die deutschen Kolonien nach 
fast dreißigjähriger harter Kolonialarbeit in aussichtsreicher Entwicklung. 
Im Vertrauen darauf, daß bei einem europäischen Kriege das Zusammen- 
gehörigkeitsgefühl der weißen Rasse in fremden Erdteilen einen Kampf 
unter Einsatz schwarzer Truppen gegen Weiße nicht zulassen würde, hatte 
Deutschland seine Schutztruppen und Polizeikräste nach Zahl und Aus- 
rüstung nur so stark gemacht, daß sie die Ruhe und Sicherheit im Innern 
aufrechterhalten konnten. Auch hoffte man, im Falle kriegerischer Berwick- 
lungen mit Neutralität aller afrikanischen Kolonien rechnen zu können, wie 
sie nach der Kongo-Akte^) für Teile von Kamerun und für Deutsch-Ost- 
1) Im Rahmen des vorwiegend operativen Weltkriegswerkes können die Kämpfe 
der deutschen Schutztruppen in den Kolonien nur kurz gestreift werden. Cs ist be- 
absichtigt, später in einem Sonderbande eine eingehendere Darstellung der Kämpfe 
um den deutschen Kolonialbesitz folgen zu lassen, bei welcher der Verlauf der einzelnen 
Kampfhandlungen und deren Ergebnis sowie die Leistungen von Führung und Truppe 
ihrer Bedeutung gemäß gewürdigt werden sollen. 
2) In der „Berliner Generalakte vom 26.Februar 1885" verpflichteten sich im 
Artikel II des Vertrages die unterzeichnenden Mächte für den Fall, daß eine der 
Mächte, die Souveränitäts- oder Protektoratsrechte in den dem Freihandelssystem 
unterstellten Ländern ausübten, in einen Krieg verwickelt wurde, ihre guten Dienste 
zu leisten, „damit die dieser Macht gehörigen und in der konventionellen Freihandels- 
zone einbegriffenen Gebiete, im gemeinsamen Einverständnis dieser Macht und des an- 
deren oder der anderen der kriegführenden Teile, für die Dauer des Krieges den Gesetzen 
der Neutralität unterstellt" werden. Zum konventionellen Freihandelssystem gehörte 
das gesamte Becken des Kongo und seiner Nebenflüsse einschließlich Deutsch-Ostafrika.
	        
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