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Der Krieg der Türkei bis zur Jahreswende 1915/16.
und bei Kum Kale auf dem asiatischen Ufer, lagen Außenwerke. Sie hatten,
abgesehen von zwei modernen, weittragenden langen 24 oin-Kanonen,
nur geringen militärischen Wert. Das Hauptwiderstandszentrum, die
Festung genannt, befand sich beiderseits der Fahrstraße bei Tschanak.
Hier standen rund 80 schwere Flachfeuergeschütze, davon fünf 35,5 ein, die
mit Schußweiten von fast 17 WO Metern den Feuerkampf auf weite Cnt-
fernungen führen konnten. Dazu kamen als bewegliche schwere Artillerie
sechs 15 om-Haubitz-Vatterien unter deutschem Befehl. Die übrigen Ge-
schütze und die Anlagen selbst waren großenteils veraltet, die Munitions-
ausstattung besonders der schwersten Kaliber knapp. Gegen Beschießung
von rückwärts oder vom Lande aus waren Batterien und Werke wehrlos.
Die artilleristische Verteidigung wurde durch Minensperren ergänzt.
Oberbefehlshaber der Meerengen war der deutsche Admiral
von Usedom, Flottenchef Konteradmiral Souchon, der die
Verteidigung nach Kräften unterstützte. Deutsche Matrosenartilleristen be-
dienten zusammen mit Türken die wichtigsten Geschütze.
a) Die Ereignisse bis gegen Ende April 1915. — Der Flottenangriff^).
Fàar/MLrz Bereits Ende November 1914 hatte England eine Unternehmung
»sis. gegen die Dardanellen mit dem Ziel der Eroberung Konstantinopels er¬
wogen, da es hierin den besten Schutz Ägyptens gegen türkischen Angriff
erblickte. Der Plan wurde aus Mangel an Kräften aufgegeben, aber schon
Anfang Januar 1915 wieder aufgenommen, als Rußland angesichts des
Angriffs der Türken gegen Kaukafien um Entlastung gebeten hatte*).
Beschlossen wurde ein Flottenangriff; die Nachführung von Landstreit-
kräften wurde nur vorbereitet, um den vom Angriff der Flotte er-
warteten Erfolg zu sichern und weiter auszubauen. Am 19. Februar 1915
beschoß die vor den Dardanellen liegende englisch-franzöfische
Flotte seit dem 3. November des verflossenen Jahres^) zum erstenmal
wieder die am Eingang gelegenen Befestigungen und setzte diese Be-
schießung in den nächsten Tagen und Wochen fort. In Konstantinopel wie
im deutschen Großen Hauptquartier schwand jeder Zweifel darüber, daß der
Feind sich den Durchbruch durch die Meerengen zum Ziel gesetzt habe. Die
Außenwerke waren bald zerstört und mußten aufgegeben werden. Die dann
einsetzende Bekämpfung der inneren Verteidigungswerke machte dagegen nur
geringe Fortschritte. Die Flotte mußte hierzu in die Dardanellen selbst ein-
laufen und büßte damit an Bewegungsfreiheit ein. Zur Gegenwehr der
Cine eingehende Darstellung des Flottenangriffs auf die Dardanellen wird
das amtliche Werk des Marine-Archivs in einem besonderen Bande bringen.
2) Band VII, S. 329. — s)S. 170.