Kaukasische und ägyptische Front.
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Sarikamysch angreifen. Aber dieser Plan, an dem Enver Pascha trotz
Abratens des Generals von Vronsart festhielt, rechnete zu wenig mit
den wirklichen Verhältnissen. In tiefverschneitem, wegelosem Hochgebirge
konnten Artillerie und Nachschub nicht folgen, zu Tausenden fielen
Menschen und Tiere dem Frost zum Opfer. Nur Trümmer der zur 5lm-
sassung angesetzten Korps gelangten in der Gegend von Sarikamysch an
den Feind. Auch der Frontalangriff drang nicht durch. Anter fast völliger
Einbuße ihrer Kampfkraft ging die Armee auf Crzerum zurück; die Russen
drückten nicht ernsthaft nach. Für längere Zeit trat Ruhe auf diesem
Kriegsschauplatz ein. Immerhin blieben hier etwa sieben, später sechs
russische Divisionen, etwa 120 000 Mann, durch jetzt nur noch rund 30 000
bis 40 000 Türken^) gebunden. Mit seinen deutschen Begleitern kehrte
Enver Pascha nach Konstantinopel zurück. Auch ein türkischer Vorstoß
nach P e r s i e n hinein, um bei Täbris stehende russische Kräfte zurück-
zudrücken und die Regierung in Teheran zum Anschluß an die Türkei zu
bringen, endete nach anfänglichen Erfolgen mit einem Rückschlag.
Mitte Januar kam der von Deutschland dringend gewünschte Januar/ _
Vorstoß gegen Ägypten in Gang2). In diesem von britischen Trup- $e6ïttaï 1915,
pen besetzten türkischen Suzeränitätsstaate hatte England von Kriegs-
beginn an deutsche Schiffe beschlagnahmt und deutsche Reichsangehörige
als feindliche Ausländer behandelt. Die Friedensbesatzung war durch
englische und australische Neuaufstellungen und durch indische Truppen ab-
gelöst worden, die jene an Zahl um ein Vielfaches übertrafen. Nach dem
Eintritt der Türkei in den Krieg hatte England am 17. Dezember das
Protektorat über Ägypten erklärt und einen ihm willfährigen Khediven ein-
gesetzt. Der bisherige deutschfreundliche Khedive weilte in Konstantinopel.
Vollen Erfolg konnte das Unternehmen gegen Ägypten nur haben, wenn sich
die gleich den Türken mohammedanische Bevölkerung gegen die englische
Herrschaft erhob. Großes war aber schon erreicht, wenn es wenigstens
gelang, den Suez-Kanal als Verkehrsader auszuschalten oder auch nur
dauernd zu bedrohen. Die Schwierigkeiten eines solchen Versuches waren
außerordentlich. Da es weder im Etappen- und Aufmarschgebiet, dem
südlichen Palästina, noch im Operationsraum, der Sinai-Halbinsel,
Bahnen oder Straßen gab, war der Nachschub auf Kamelkolonnen mit
geringem Fassungsvermögen angewiesen; Taufende von Tieren mußten
hierzu angekauft werden. Schwieriger noch war der Kampf gegen die
Wasserarmut; nur in der Nähe der Meeresküste, im Dünengelände, gab
*) Korps und Divisionen waren durch Kampfverluste und Seuchen zur Stärke
von Détachements herabgesunken.
2) S. 148 und Band VII, S. 328.