Schwierigkeiten der Kriegführung. Eisenbahnen.
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Andererseits brachte ein Bündnis mit der Türkei auch V e l a st u n g.
Es war vorauszusehen, daß sie starke Unterstützung durch Deutschland
benötigen würde. Unglückliche Entscheidungen auf den türkischen Kriegs-
schauplätzen konnten auf die Gesamtlage der Mittelmächte zurückwirken.
Die Schwierigkeiten, mit denen die türkische Kriegführung zu
kämpfen hatte, waren außerordentlich. Land und Wehrmacht befanden
sich im Zustande der Erschöpfung, eine Folge langjähriger Mißwirtschaft,
dauernder Unruhen und unglücklicher Kriege. Der Ausbruch des Welt-
krieges traf die Türkei mitten im Wiederaufbau. In der Verwaltung zeigten
sich erst Ansätze zur Gesundung, Versäumnisse von Jahrzehnten ließen
sich nur allmählich wiedergutmachen. Das Heer war in vollständiger Um-
bildung begriffen. Seit Dezember 1913 wirkte hierfür eine deutsche
Militärmission, an deren Spitze General der Kavallerie Liman
von Sanders als türkischer Marschall stand. Die Ausbildung mußte
auf neue Grundlagen gestellt, die in den Valkan-Kriegen von 1912/13
großenteils verlorene Ausrüstung neu beschafft werden. Die Munition
war knapp. Nur für Infanterie und Feldartillerie ließ sie sich in be-
schränktem Umfange in Konstantinopel herstellen, für schwere Artillerie war
man auf Auslandslieferungen angewiesen. Die türkische Flotte, deren
Wiederaufbau eine englische Marinemission leitete, hatte geringen Kampf-
wert. Die Ausbildung war mangelhaft, das Schiffsmaterial veraltet; zwei
in England gebaute Großkampfschiffe sollten im Laufe des Jahres 1914 zur
Ablieferung kommen.
Gewaltige Entfernungen zwischen den Grenzgebieten in
Asien und dem türkischen Kraftzentrum Konstantinopel sowie schlechte Ver-
kehrsverhältnisse vergrößerten die Schwierigkeiten der Kriegführung.
1100 Kilometer trennten die Hauptstadt von der kaukasischen, 1600 von der
ägyptischen Grenze. Die Entfernung zum Persischen Golf betrug sogar
2400 Kilometer. In keins dieser Grenzgebiete führte eine durchgehende
Bahn. Das Rückgrat des gesamten Nachschubs für die asiatischen Kriegs-
räume bildete ein deutsches Vahnunternehmen, die Anatolifche und Bagdad-
Bahn, die als eingleisige Vollbahn von dem Konstantinopel gegenüber-
liegenden Haidar Pascha südwärts in das Innere Kleinasiens führte. Ihr
Endpunkt für den Kriegsschauplatz gegen Rußland, Ulu Kifchla östlich
von Koma, lag noch etwa 800 Kilometer südwestlich von der Grenzfestung
Crzerum. Die Versorgung dort kämpfender Truppen über See zu sichern,
reichte die türkische Flotte nicht aus. Die Bahnen des Gegners aber
führten bis dicht an die Grenze heran. Nicht besser stand es mit den Ver-
bindungen nach dem Süden des Reiches. Die Vagdad-Vahn war im