Dringlichkeit der Öffnung des Weges zur Türkei.
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General von Conrad verschloß sich keineswegs der Gefahr, die die März/April.
Balkan-Fragen in sich bargen, aber die überaus schwierige Lage in den
Karpaten und der Entsatz der jetzt aufs äußerste gefährdeten Festung
Przemysl berührten die Lebensnerven der Donau-Monarchie doch näher
und standen daher im Vordergrund aller seiner Erwägungen. Cr blieb
dabei, daß die Balkan-Sorgen nur durch Niederwerfung Rußlands zu
beheben seien.
Am 18. März scheiterte der zweite, entscheidende Versuch der Entente-
Flotte gegen die Dardanellen. Als dann General von Conrad nach
dem Falle von Przemysl bei einem Besuch des Generalfeldmarschalls
von der Goltz am 29. März aus dessen Mitteilungen entnahm, daß die
Türkei sich mit zwei Korps am Angriff gegen Serbien beteiligen könne
und daß Bulgarien zum Mitgehen entschlossen') sei, trat er dem Ge-
danken baldiger Niederwerfung Serbiens doch näher. Wohl bestätigte die
Türkei alsbald schriftlich, daß sie zu gemeinsamem Angriff gegen Serbien
den Vulgaren zwei Korps zur Verfügung stellen wolle, alle Bemühungen
aber, mit Sofia zu festen militärischen Abmachungen zu gelangen, blieben
ohne Erfolg. Die schwierige Lage der Mittelmächte und die unablässigen
Bemühungen des Dreiverbandes, vor allem Rußlands, das immer noch
eine starke Anhängerschaft im Lande hatte und Truppen bereitstellte, um
— wie es verlauten ließ — in Varna und Burgas zu landen und gegen
Konstantinopel vorzugehen, bewogen die bulgarische Negierung zu weiterer
Zurückhaltung. Unterdessen spitzte sich die Lage in der zweiten Hälfte
des Monats April noch weiter zu. Dabei wirkte mit, daß Italien sich zur
Teilnahme am Kriege auf feiten der Entente gebunden haben sollte. Mel-
düngen über englisch-französische Truppenansammlungen im östlichen
Mittelmeer und russische bei Odessa ließen darauf schließen, daß ein
neues Unternehmen gegen die Meerengen unmittelbar bevorstehe. Die
Spannung stieg aufs höchste, als am 25.April die Landung an den
Dardanellen begann^) und zu erbittertem Ringen führte.
Die am 2. Mai mit dem Siege von Gorliee eingeleitete Offensive der Mai.
Verbündeten in Galizien, die erfolgreichen Abwehrkämpfe des deutschen
Westheeres und vor allem der entschlossene Widerstand der Türken an den
Dardanellen bewirkten dann aber bei den neutralen Balkan-Staaten einen
Umschwung. Bulgarien schien bereit, über gemeinsame Unternehmungen
gegen Serbien zu verhandeln. So ließ General von Falkenhayn
am 13. Mai mit Zustimmung der österreichisch-ungarischen Heeresleitung
') Diese Auffassung traf nicht zu.
-) S. 177 ff. und Band VII, S. 364 ff.