Volltext: Die Operationen des Jahres 1915 ; [2]. Die Ereignisse im Westen im Frühjahr und Sommer, im Osten vom Frühjahr bis zum Jahresschluß (8. 1932)

618 Rückblick auf die Kriegführung des Generals von Falkenhayn gegen Rußland. 
beiderseitigen Kräfteverhältnissen sich ergebenden Erfolgsmöglichkeiten und 
Aussichten des Krieges gegen Rußland. Als in jenen Tagen General 
Wild von Hohenborn in einer Denkschrift den Vorschlag machte, das 
Schwergewicht der deutschen Kriegführung vom westlichen Kriegsschauplatz 
auf den östlichen zu verlegen und hier zunächst die Entscheidung zu suchen, 
vermerkte General von Falkenhayn am Rande dieser Denkschrift, daß „ein 
völliges militärisches Niederwerfen Rußlands nie zu erreichen"^) sein 
würde. Man wird schwerlich annehmen können, daß er solche weitgehende 
Schlußfolgerung lediglich auf Grund der bisherigen Ergebnisse der Ope¬ 
rationen an der Ostfront gezogen hat, die allerdings trotz glänzender 
Schlachterfolge des Oberbefehlshabers Ost im ganzen doch ohne durch¬ 
schlagende Wirkung geblieben waren. Unzweifelhaft hat schon damals 
bei diesem Urteil die Frage des Kräftebedarfs und die Rücksicht auf den 
unermeßlich weiten Operationsraum des russischen Reiches entscheidend 
mitgesprochen, Gesichtspunkte, die General von Falkenhayn dann im wei¬ 
teren Verlaufe des Feldzuges im Osten immer wieder geltend gemacht hat. 
Er war überzeugt, daß für die entscheidungsuchende Offensive im Osten ein 
Kräfteeinsatz erforderlich sei, der weit über das Maß dessen hinausgehen 
mußte, was er mit Rücksicht auf die Sicherheit der Westfront auszubringen 
imstande war. Eine Verkürzung dieser Front durch Gerade- oder Rück¬ 
verlegung der bisherigen Stellungen und eine damit verbundene Kräste- 
ersparnis großen Stils kam für ihn bei der überragenden Bedeutung, die er 
dem Festhalten jedes Fußbreit Bodens in Frankreich und Belgien zumaß-), 
nicht in Frage. Aber selbst wenn sich eine erhebliche Kräftesteigerung für 
den Osten ermöglichen ließ, schien ihm jeder Versuch, „die gewollte end¬ 
gültige Entscheidung gegen den östlichen Koloß auch nur anzustreben", bei 
der ungeheuren Schwierigkeit, den Russen ein Ausweichen in das Innere 
ihres Reiches zu verwehren, zum Scheitern bestimmt. „Die Erfahrungen 
Napoleons luden nicht zur Nachahmung seines Beispiels ein3)." 
Bei dieser grundsätzlichen Einstellung wurde es dem Leiter der deutschen 
Gesamtoperationen zu Jahresbeginn 1915 nicht schwer, einen Vor¬ 
schlag des verbündeten Generalstabschefs abzulehnen, der dahin ging, durch 
„raschestes Einsehen neuer deutscher Kräfte aus dem Westen oder von 
Neuformationen" einen Durchbruch durch die russische Front in Westpolen 
zwischen Nida und Pilica in der Richtung auf Radom zu erzwingen und 
damit „einen vollen, durchschlagenden Erfolg" zu erzielen. Auch der kurz 
darauf von General von Conrad geäußerten Absicht, mit einer großen 
Offensive aus der Karpaten-Front einen entscheidenden Schlag zu führen. 
H Band VII, S, 5. — 2) Band V, S. 585. — 3) von Falkenhayn, S. 48.
	        
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