Volltext: Die Operationen des Jahres 1915 ; [2]. Die Ereignisse im Westen im Frühjahr und Sommer, im Osten vom Frühjahr bis zum Jahresschluß (8. 1932)

374 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front. 
Die Aufgabe, einen in breiter geschloffener Front weichenden Gegner 
in die Rokitno-Sümpfe zu werfen oder, wie es General von Gallwitz ge- 
legentlich ausgedrückt hat, „umzurennen", war nicht lösbar, wenn der opera¬ 
tive Raumgewinn in 46 Tagen nur 200 Kilometer, im Tagesdurchschnitt 
also noch nicht fünf Kilometer betrug. Demgegenüber hatten die auf ver¬ 
hältnismäßig leistungsfähige Bahnverbindungen gestützten Russen immer 
die Möglichkeit, nicht nur ihre fechtenden Truppen, sondern auch noch recht 
vieles andere, was ihnen wertvoll war, in Sicherheit zu bringen. Gewiß 
konnte es verlockend erscheinen, die Teile, die vor der Heeresgruppe Mackensen 
zwischen den Rokitno-Sümpfen und den von Westen vorrückenden deutschen 
Armeen in Stärke von 13 bis 14 Korps nach Nordosten zu weichen schienen, 
gegen jenes doch recht ungangbare Gebiet zu werfen und damit entscheidend 
zu schädigen. Tatsächlich wurde aber die russische Rückzugsrichtung von 
der Vormarschrichtung der Armee Gallwitz keineswegs so getroffen, daß 
eine flankenstoßähnliche Wirkung erzielt werden konnte. Die nördlichen 
russischen Armeen (2., 1. und 12. Armee) sind bis zur Linie Brest— 
Vialystok in beinahe rein östlicher Richtung, also frontal, zurückgeführt 
worden und dehnten sich erst nach Aufgabe der Osowiec-Front dem wachsen¬ 
den Kräftebedarf des Nordflügels entsprechend allmählich nach Nordosten 
aus; die 4., 3. und 13. Armee zogen sich im Schrägmarsch von Süden an sie 
heran. Damit ging der Abtransport von Kräften mit der Bahn in der all¬ 
gemeinen Richtung Minsk—Wilna Hand in Hand. Eine solche großzügig 
und sachgemäß geleitete Rückzugsbewegung auch nur für Teile des Heeres 
in eine Katastrophe zu verwandeln, reichte — ganz abgesehen von der Stärke, 
die die Abwehr im Jahre 1915 bereits besaß — die Stoßkraft eines Ver¬ 
folgers nicht mehr aus, der in der ersten Augusthälfte vier Wochen fast un¬ 
unterbrochener Kämpfe hinter sich hatte und von den Endpunkten leistungs¬ 
fähiger Vollbahnen bereits weit über 100 Kilometer entfernt war. 
Und doch war Großes erreicht. Im Zusammenwirken mit der Heeres¬ 
gruppe Mackensen hatten die Siege der Armee Gallwitz und ihrer Nachbarn 
rechts und links den Gegner aus bedrohlicher Nähe der deutschen Grenze 
vertrieben. Auch die Einnahme von Warschau und die Beute, die bei der 
noch zu schildernden Eroberung der großen Festung Nowogeorgiewsk ge¬ 
macht wurde, müssen als unmittelbare Auswirkungen des Narew-Feldzuges 
angesehen werden.
	        
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