Volltext: Die Operationen des Jahres 1915 ; [2]. Die Ereignisse im Westen im Frühjahr und Sommer, im Osten vom Frühjahr bis zum Jahresschluß (8. 1932)

Betrachtungen. 
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gegebenen Verhältnissen nicht größer hätte sein können. Sie ist, wie 
unzählige Zeugnisse belegen, soweit ihre Kraft reichte, immer wieder mit 
Freudigkeit an die säst täglich neuen Angriffe herangegangen und war mit 
Recht von dem stolzen Bewußtsein erfüllt, einen an Zahl überlegenen Feind 
durch ganz Polen rund 200 Kilometer weit zurückgetrieben zu haben. 
Taktisch ist geleistet worden, was — unter Berücksichtigung der nun 
einmal gegebenen Verhältnisses — nur zu leisten war. Wenn die Angriffs¬ 
ergebnisse nach Umfang der Beute und operativ nicht voll befriedigen, so 
kommt darin in erster Linie zum Ausdruck, daß es sich um reine Frontal¬ 
kämpfe handelte, begonnen mit dem Durchbruch durch ein in monatelanger 
Arbeit entstandenes, überaus starkes und tief gegliedertes Stellungssystem, 
fortgesetzt über einen ebenfalls zu nachhaltiger Verteidigung vorbereiteten 
Flußabschnitt und auslaufend in das Zurückdrücken eines Gegners, der 
immer von neuem sich zur Wehr setzte, einer Entscheidung aber doch stets 
rechtzeitig auszuweichen verstand. Hartnäckiger Widerstand an starken 
natürlichen Abschnitten, oft verbunden mit örtlichen Gegenstößen, wechselte 
ab mit unbemerktem nächtlichen Abzug. Die Verfolgung lief sich immer 
wieder vor neuen, vielleicht oft nur ganz schwach besetzten feindlichen Stel¬ 
lungen fest. Dieses sich dauernd wiederholende Spiel erforderte neben Zeit 
und Kraft auch unverhältnismäßig viel Munition und kostete vor allem die 
angreifende Infanterie viele Offiziere und die Besten der Mannschaft, so 
daß schließlich nur noch schnell ausgebildeter Kriegsersatz und ältere Jahr¬ 
gänge Träger des Kampfes waren. Am so mehr mußte sich das Bedürfnis 
nach wirkungsvoller Vorarbeit der Artillerie geltend machen. Aber auch 
deren Leistungsfähigkeit war durch ausgeschossene Rohre, minder wirksame 
Vehelfsmunition und unzureichende Schießausbildung mancher mit älteren 
Jahrgängen besetzter Batterien nicht mehr auf derselben Höhe wie zu Kriegs¬ 
beginn. Wenn man hinzunimmt, wie sehr sich gleichzeitig die Stärke der 
russischen Abwehr, trotz großer Knappheit an Gerät und Munition, durch 
die Fernwirkung von Artillerie und Maschinengewehren gesteigert hatte, so 
wird man die Größe des von Führung und Truppen Ge¬ 
le i st e t e n richtig würdigen. 
Die Vernichtung des Gegners war nicht erreicht worden, sondern nur 
die Zermürbung. Die B eut ez a h l e n reden eine deutliche Sprache. Sie 
betrugen in 6% Wochen für 21 Divisionen der deutschen 12. und 8. Armee 
im ganzen rund 125 000 Gefangene, 350 Maschinengewehre, dabei aber nur 
23 Geschütze. Wie wenig das in seiner Gesamtheit, vor allem aber hinsicht¬ 
lich der Geschühzahl, bedeutete, wird klar, wenn man dagegen hält, daß bei 
0 Vgl. S. 358 f. 
t Weltkrieg. Till. Band. 
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