Volltext: Der Herbst-Feldzug 1914 ; 2. Der Abschluß der Operationen im Westen und Osten (6. 1929)

Betrachtungen. 
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Mgnff nicht rasch durchdringt, die feindlichen Massen von allen Seiten auf 
sich ziehen wird. Diese Gefahr ist um so größer, als wir weder zahlen- 
mäßig hinreichende noch auch genügend vollwertige Truppen haben, um so- 
wohl die russischen Heeresmassen im großen Weichsel-Vogen als auch die 
feindlichen Korps nördlich der mittleren Weichsel durch starke, durchhaltende 
Angriffe frontal zu fesseln oder auch nur auf längere Zeitspanne hinaus zu 
täuschen. Wir werden freilich trotz alledem überall unsere Truppen zum 
Angriff vorgehen lassen, aber es wäre doch ein gefährlicher Irrtum, hiervon 
sich allzuviel zu versprechen . . . Was auf unserer Seite an Kräften fehlt, 
muß wieder durch Schnelligkeit und Tatkraft ersetzt werden. Ich bin sicher, 
daß in dieser Beziehung das Menschenmögliche von feiten der Armee- 
führung und Truppen geleistet wird." — Cs kam alles darauf an, daß es 
der deutschen 9. Armee gelang, mit der russischen 2. Armee bei Lods schnell 
und endgültig abzurechnen. 
Die ersten Kämpfe vor Lods zeigten von neuem die ganze Schwierig- 
keit des frontalen Angriffs auch gegen zahlenmäßig und artilleristisch unter- 
legenen Feind; die deutsche Truppe, mit alleiniger Ausnahme der 3. Garde- 
Division, hatte wiederum schon eine Woche fast ununterbrochener schwerer 
Kämpfe hinter sich. Der Gegner aber konnte bei Lods eine ganze Armee 
von drei Korps neu einsetzen und war sofort entschlossen, es zu tun. Die 
Frontveränderung seiner 2. Armee und der Aufmarsch der 5. nach der rechten 
Flanke sind mit Geschick und Schnelligkeit und, soweit wir wissen, auch 
ohne allzu große Reibungen im Nachschub durchgeführt worden. Die im 
Heeresverbande recht schwierige Bewegung zeigte eine Entschlußfreudigkeit 
der russischen Führung und eine Wendigkeit der Truppenkörper, die man 
vielleicht doch nicht ganz erwartet hatte. 
Die deutsche Führung ist in diesen Tagen durch aufgefangene russische 
Funksprüche darin bestärkt worden, den Widerstandswillen des Gegners bei 
Lods zu unterschätzen. Ihr schwebte ein „Tannenberg" vor. Sie rechnete 
dabei so gut wie sicher mit schleunigem Rückzüge der russischen 2. Armee 
und wollte ihn verhindern, um die Armee in der Vereinzelung einzukreisen. 
Das führte am 19. November auf dem Westflügel zum Rückschläge bei der 
deutschen 38. Infanterie-Divifion, auf dem Ostflügel zu einer weit aus- 
holenden Amgehungsbewegung statt zur Umfassung, denn der Gegner zog 
nicht ab, sondern war stehengeblieben. Wäre an diesem Tage nicht nur die 
deutsche 3. Garde-Divifion, fondern die ganze Gruppe Scheffer scharf nach 
Westen eingeschwenkt, so hätte zwar keine volle Einkreisung mehr durch- 
geführt werden können, es wäre aber voraussichtlich doch ein vernichtender 
Schlag gegen die russische 2. Armee bei Lods zustande gekommen. So aber 
blieb der Wald von Wiontschyn in russischer Hand, die weit gedehnte
	        
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