Volltext: Der Herbst-Feldzug 1914 ; 1. Im Westen bis zum Stellungskrieg, im Osten bis zum Rückzug (5. 1929)

Die Armee-Oberkomm. d. Heeresmitte erheben Einspruch gegen allgem. Angriffe. 67 
heutigen Vorstoß rechten Armeeflügels Anwesenheit starken verschanzten 
Feindes vor der ganzen Front festgestellt. Von Heeresleitung befohlener 
Angriff wird ausgeführt. Erfolg bei jetzigem Zustand der Truppen jedoch 
zweifelhaft." Trotz der unverkennbar ablehnenden Haltung, die also auch der 
Oberbefehlshaber, Herzog Albrecht von Württemberg, einnahm, hielt Gene- 
ral v. Falkenhayn an dem Angriffsgedanken fest, wenn auch bereits in etwas 
abgeschwächter Form. Am 715 abends richtete er folgendes Telegramm an 
das Oberkommando: „Hier vorliegende Meldungen lassen den Schluß zu, 
daß Gegner vor Front 3., 4. und 5. Armee nicht stark und dabei durchein- 
andergekommen und erschöpft ist. Nachdem 4. und 5. Armee Ergänzungen 
erhalten haben, wird von befohlenem Angriff ausreichender^) Erfolg 
erhofft." 
Worauf sich die Ansicht über den Zustand des Gegners vor der 3., 
4. und 5. Armee gründete, ist nicht mehr festzustellen. Die Nachrichten aus 
der Front boten dafür keinen Anhalt. Die Meldungen des Armee-Ober- 
kommandos 4 von II35 vormittags und 215 nachmittags besagten eher das 
Gegenteil. Auch der Führer der 3. Armee, General v. Einem, folgerte aus 
den Ergebnissen der gestrigen Kämpfe die Anwesenheit stärkeren Feindes 
vor der Armeefront, als bisher angenommen war. Er berichtete l45 nach¬ 
mittags: „Bei gestrigem Vorstoß vor XII. Reservekorps Truppen des 
französischen IX. und XI. Armeekorps festgestellt. Vor XIX. Armeekorps 
gestern schwacher Feind, heute stärker. Die 40. Infanterie-Division jetzt im 
Kampfe neben VIII. Armeekorps gegen Zuaven bei Souain." 
In den Abendstunden trat dann aber schließlich doch ein Umschwung in 
den Absichten der Obersten Heeresleitung ein. Ernste Bedenken hatte bereits 
eine Meldung des Nachrichtenoffiziers beim Armee-Oberkommando 4 her- 
vorgerufen, die 730 abends einlief. Es hieß in ihr, daß seit dem frühen 
Morgen auf der ganzen Front der 4. Armee gekämpft würde, besonders 
schwer auf dem rechten Flügel. Vor der Mitte der Armee sei seit gestern 
erhebliche feindliche Artillerie aufgetreten. Cr persönlich habe den Eindruck, 
daß der Gegner mit unverminderten Kräften vor der Front geblieben sei 
und nicht abtransportiert habe. Die Haltung der französischen Truppe sei 
gut. Aus einer kurz darauf eintreffenden Übersicht desselben Nachrichten- 
offiziers über die vermutete Kräfteverteilung beim Feinde war zu ersehen, 
daß sich nicht nur vor der 2., sondern auch vor der 3., 4. und 5. Armee noch 
stärkere Kräfte befanden. Den Ausschlag gab aber schließlich eine Meldung 
der 3. Armee von 8°° abends, die sich ganz scharf und unzweideutig gegen 
x) General v. Falkenhayn hatte im Entwurf des Obersten Tappen die Worte 
„voller Erfolg" in „ausreichender Erfolg" geändert. 
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