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Die Operationen in Frankreich und Belgien.
müsie. General v. Falkenhayn warf hiergegen ein, daß die Armee
Ergänzungen erhalten habe, und er an die Ungangbarkeit der Argonnen
nicht glaube. Generalleutnant v. Knobelsdorf blieb jedoch dabei, daß der
Argonner-Wald für einen größeren, einheitlichen Angriff unpassierbar sei.
Die Gefechtsstärken der Armee seien trotz, der eingetroffenen Ergänzungen
noch sehr gering; so zähle das XIII. Armeekorps nur etwa 10 000 bis
11000 Mann Infanterie, obwohl es an 6000 Mann Ersatz erhalten habe.
Bei ausdrücklichem Befehl würde der Angriff natürlich durchgeführt werden,
doch hege er an dem Erfolge ernste Zweifel"). Auch dem von der Obersten
Heeresleitung zum Oberkommando entsandten Obersten v. Dommes, der den
Befehl zum Angriff noch einmal mündlich wiederholte, schilderte General-
leutnant v. Knobelsdorf die Lage als sehr ungünstig. Auch die Korpschefs
hätten sich wenig zuversichtlich geäußert. Der Chef des Generalstabes des
XIII. Armeekorps, Oberstleutnant v. Löhberg, habe dabei auf die stark
herabgeminderten Gefechtsstärken der Truppen2) hingewiesen, die durch an-
steckende Darmerkrankungen verursacht seien. Trotzdem wurde schließlich der
Angriff des XVI. Armeekorps und des rechten Flügels des VI. Reserve-
korps befohlen, während das XIII. Armeekorps die Deckung der Flanke
übernehmen sollte. Im Laufe des Nachmittags und des Abends hatten noch
mehrere Femgespräche zwischen der Obersten Heeresleitung und dem Armee-
Oberkommando S über die Durchführung des geplanten Angriffs statt-
gefunden, wobei General v. Knobelsdorf zum Ausdruck brachte, daß er sich
von dem Angriff keinen Erfolg versprechen könne und jede Bewegung östlich
der Argonnen als zwecklos und verlustreich bezeichnen müsse. Die Betei¬
ligung der S. Armee an der Offensive stellte er schließlich in seiner Abend-
Meldung nur bedingt, soweit der Zustand der Truppe es zulasse, in Aussicht.
Auch das Armee-Oberkommando 4, das für den heutigen Tag selbst eine
Angriffshandlung des rechten Flügelkorps eingeleitet und bei günstigem
Verlauf das allgemeine Vorgehen der Armee in Aussicht genommen
hatte"), war inzwischen durch wenig ermutigende Nachrichten von der Front
zu einer anderen Auffassung gelangt. Es meldete bereits um 11"° vor-
mittags: „Vorstoß VIII. Armeekorps hat festgestellt, daß Feind noch in
erheblicher Stärke vor der Front, wenigstens vordere Linie und Artillerie.
Feind verstärkt seine Stellungen weiter, liegt auf 1200 bis 1500 m Ent¬
fernung." Eine weitere Meldung von 2" nachmittags besagte: „Durch
*) Nach einer Zuschrift des Generalmajors v. Heymann an das Reichsarchiv
vom 7.Januar 1928.
2) Die Regimenter hatten teilweise nur noch zwei Bataillone, die Kompagnie-
stärken betrugen 90 bis 150 Mann.
3) S. 54.