Volltext: Der Herbst-Feldzug 1914 ; 1. Im Westen bis zum Stellungskrieg, im Osten bis zum Rückzug (5. 1929)

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Rückblick. 
9. Armee zu erhoffende Zeitgewinn durfte jedoch nicht zu neuen, die Kraft 
nur nutzlos schwächenden Kämpfen im Westen vergeudet werden; er mußte 
zur gründlichen Vorbereitung des großen Cntscheidungsschlages im Osten 
ausgenutzt werden. Wann, wie und wo dieser geführt werden sollte, war 
jetzt noch nicht abzusehen. Zunächst kam es nur darauf an, grundsätzlich 
das Schwergewicht der Kriegführung nach dem Osten zu verlegen und alle 
erforderlichen Mahnahmen zu treffen, um den jetzt vom Oberbefehlshaber 
Ost geplanten Schlag durch sofortige Zuführung einiger kampfkräftiger 
Korps aus dem Westen so wuchtig zu gestalten, daß der deutschen Kriegs- 
leitung auf lange Zeit die Freiheit des Handelns gesichert blieb und die um- 
fangreichen und zeitraubenden Vorbereitungen für den Cntscheidungsseldzug 
im Osten getroffen werden konnten. Das bedingte im Westen die Einstellung 
aller Angriffe und den Übergang zur Abwehr. Der Gegner war hier durch 
die monatelangen blutigen Kämpfe so geschwächt, daß auf absehbare Zeit 
eine neue größere feindliche Offensive nicht zu befürchten stand; hierzu fehlte 
es nach allen vorliegenden Nachrichten den Alliierten auch an Truppen und 
Kriegsmaterial. Che namhafte neue englische Verstärkungen nach dem Fest- 
lande übergeführt werden konnten, mußten noch viele Monate vergehen. 
Diese Zeit der Schwächung der westlichen Gegner mußte ausgenutzt werden, 
um den Feind im Osten endgültig abzutun. Alle Berichte von der Westfront 
ließen zudem keinen Zweifel, daß die Truppe sich in der Verteidigung dem 
Gegner durchaus überlegen fühlte. Selbst an der Flandern-Front war die 
Lage zu dieser Zeit völlig gesichert, wie aus einem Schreiben eines 
objektiven, nicht unmittelbar beteiligten Beobachters, des Feldmarschalls 
Freiherrn v. der Goltz, an General v. Falkenhayn in jenen Tagen klar her- 
vorgeht: „Ich war oft genug", so heißt es in diesem Bericht, „in den vorderen 
Schützengräben vor der Z)ser-Stellung, um beurteilen zu können, wie es dort 
in Wirklichkeit hergeht. Cs ist weniger schlimm, als es vielfach erzählt und 
angenommen wird. Ich fand überall bei meinen Besuchen in der Mann- 
schast eine zuversichtliche, oft geradezu frohe Stimmung . . . Nun kommt 
hinzu, daß der Feind keine nennenswerte Offensivkraft mehr besitzt. Seine 
Gegenangriffe . . . lasten sich meist nur an etwas lebhafterem Infanterie- 
feuer erkennen, das bald wieder abflaut. Die Höhe der Verluste erklärt sich 
durch die Dauer der Kämpfe und die Länge der Frontlinien, bei der mehr 
als früher alle Truppenteile gleichmäßig an den Feind kommen. Trotz dieser 
Verluste und des vielfachen sonstigen Abgangs sind wir in erster Linie 
immer noch stark genug, um den Feind leicht abzuweisen, wo er etwa vor- 
dringen wollte. Meiner Ansicht nach sind sogar oft zu viel Truppen vorn; 
man könnte stärkeren Teilen rückwärts eine vorübergehende Ruhe gönnen.
	        
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