Volltext: Der Herbst-Feldzug 1914 ; 1. Im Westen bis zum Stellungskrieg, im Osten bis zum Rückzug (5. 1929)

582 
Rückblick. 
für die Deutschen der Mehrfrontenkrieg nicht zu gewinnen. „Ein der¬ 
artiger Krieg nach zwei Fronten ist nicht durch Zurück- 
werfen des einen oder anderen Teiles, sondern nur 
durch möglichste Vernichtung erst des einen, dann des 
anderen Gegners zu Ende zu führen." Auch Generaloberst 
v.Moltke hatte in der erwähnten^) Denkschrift von 1913 in einer ent- 
scheidungslosen Kriegführung auf beiden Kriegsschauplätzen eine 
große Gefahr erblickt. Damit würde Deutschland auf jede Initiative und 
Offensive verzichten und sich auf einen Defensivkampf nach beiden Fronten 
beschränken in einem Kriege, der über seinen Fortbestand oder über seinen 
Untergang entscheiden mußte. 
Das Mißlingen der Operationen an der Dser ließ keinen Zweifel 
mehr, daß die Operation im Westen rettungslos im Stellungskriege 
erstarrt war. Eine Krise — weit ernster als die vom September — war 
eingetreten. Die aufs äußerste gespannte Lage drängte zu schneller Ent¬ 
scheidung. Erwägungen schwerwiegendster Art stürmten auf den Leiter 
der deutschen Operationen ein. Auch jetzt durfte kaum ein Zweifel darüber 
bestehen, daß der Zweifrontenkrieg nur dann siegreich zu Ende geführt 
werden konnte, wenn an dem Grundgedanken des Kriegsplans, Deutschlands 
Feinde nacheinander niederzuringen, nach wie vor festgehalten wurde. 
Jetzt, wo im Westen für absehbare Zeit die Unmöglichkeit, dieses Ziel zu 
erreichen, erwiesen war, mußte versucht werden, im Osten durch Vernichtung 
der Russen völlige Rückenfreiheit zu schaffen. Hier hatte sich die Lage 
gegenüber jener zu Kriegsbeginn wesentlich geändert, da der Russe seine 
Massen aus der Tiefe seines Reiches gegen seine Westgrenze inzwischen 
herangeführt hatte und im Begriffe stand, seinerseits zur entscheidenden 
Offensive überzugehen. Ein Ausweichen vor einer deutschen Flanken- 
operation war für ihn jetzt ungleich schwieriger; es kam in seiner Wirkung 
einer Niederlage gleich und war daher weit unwahrscheinlicher als zu 
Kriegsbeginn. Die bisherigen Operationen auf dem östlichen Kriegsschau- 
Platz hatten gelehrt, daß die russische Führung und das russische Heer den 
Deutschen unterlegen waren; hier winkte der deutschen Führung am 
schnellsten ein feldzugentfcheidender Erfolg, zumal da die Russen sich zur 
Zeit in strategisch ungünstiger Gruppierung befanden. Nach wieder- 
errungener Rückenfreiheit konnte die schwerere Aufgabe der Niederringung 
der westlichen Gegner wieder aufgenommen werden — dann aber nach 
Ausschaltung der Gefahr im Osten voraussichtlich mit ausreichender Kraft. 
S. 565.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.