Volltext: Der Herbst-Feldzug 1914 ; 1. Im Westen bis zum Stellungskrieg, im Osten bis zum Rückzug (5. 1929)

Die deutsche Führung steht vor einem bedeutsamen Wendepunkt. 563 
gendste Gebot; geschah dies unverzüglich, so konnte die geplante 
Operation sogar die endgültige Feldzugsentscheidung im Osten wirksam vor- 
bereiten. Die Führung des Zweifrontenkrieges st and 
vor einem bedeutsamen Wendepunkt. 
General v. Falkenhayn wurde unsicher; nach seinen eigenen Worten^) 
war er sich zu diesem Zeitpunkt bereits darüber klar, daß in Flandern 
„gegen den sich fortgesetzt verstärkenden Gegner ein weiterer durchschlagender 
Erfolg . . . nicht mehr zu erkämpfen war". Mit dem Eintreffen der 
Meldung des Oberbefehlshabers Ost über die beabsichtigte neue Operation 
war für ihn in der Tat der letzte Augenblick für die Entscheidung der Frage 
gekommen, ob der Angriff im Westen abgebrochen und das Schwergewicht 
der Kriegführung auf den östlichen Kriegsschauplatz verlegt werden solle. 
Zu einem solchen Entschluß drängte neben der geringen Aussicht auf 
größere Erfolge im Westen und der ernsten Munitionslage jetzt auch die 
Entwicklung der Lage im Südosten, insbesondere die Ereignisse auf dem 
serbischen Kriegsschauplatz, wo die österreichisch-ungarischen Truppen gegen 
Ende Oktober zu neuem Angriff gegen die Serben angetreten waren und 
diese zum Rückzug veranlaßt hatten. Diese Erfolge konnten, wenn ent- 
sprechende auf dem russischen Kriegsschauplatz hinzukamen, von ausschlag- 
gebender Bedeutung auch für die Haltung Bulgariens werden, „für dessen 
bewaffnetes Eingreifen" nach einer Mitteilung des deutschen Botschafters 
in Konstantinopel aus dieser Zeit „ein deutsch-österreichischer Erfolg im 
Osten die Vorbedingung sei". Hier bot sich also die Gelegenheit zur Ge- 
winnung eines neuen, wertvollen Bundesgenossen, ja vielleicht darüber hin- 
aus durch Zusammenschluß der Türkei, Bulgariens und Rumäniens zur 
Bildung des von Anfang an erstrebten Balkanblocks gegen Rußland und 
Serbien. 
General v. Falkenhayn rang um die Entscheidung; die Verant- 
wortung lastete schwer auf ihm. Freilich bedeutete der Abbruch der Opera- 
tionen in Flandern und die Entsendung des letzten entbehrlichen Soldaten 
nach dem Osten vor Erzwingung eines sichtbaren Erfolges im Westen ein 
hohes Maß von Selbstverleugnung. Gewiß waren die Franzosen und 
deren Verbündete durch die monatelang anhaltenden, außerordentlich 
schweren Kämpfe auf das äußerste erschöpft und für die nächste Zeit zu einer 
größeren Offensive schwerlich fähig; in absehbarer Zeit konnte sich 
das indes ändern. General v. Falkenhayn war sich zudem nicht im un- 
klaren darüber, daß es zur dauernden Festigung der Westfront not- 
wendig war, alle die Stellungsteile, die aus dem Festrennen des Be- 
*) v, Falkenhayn, „Die Oberste Heeresleitung 1914—1916", S. 29. 
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