Volltext: Der Herbst-Feldzug 1914 ; 1. Im Westen bis zum Stellungskrieg, im Osten bis zum Rückzug (5. 1929)

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Eine Krise des Zweifrontenkrieges. 
Mitte September hatte Rußland, wie inzwischen in Verlin bekanntgeworden 
war, ein Bündnisangebot nach Bukarest gerichtet, das hier die immer schon 
bestehende Neigung, auf die Seite der Feinde der Mittelmächte zu treten, 
in gefährlicher Weise verstärkte. Erst die Drohung der Türkei und Bulga¬ 
riens mit einem bewaffneten Vorgehen gegen Rumänien, falls dieses 
gegen österreich-Angarn in den Krieg eintreten werde, hatte die leitenden 
Staatsmänner in Bukarest zur Zurückhaltung veranlaßt. Mit König Karl I. 
war am 10. Oktober ein treuer Freund der Mittelmächte dahingegangen; 
daß sein Nachfolger, König Ferdinand, sich für die Fortführung der Politik 
seines Vorgängers erklärte, wirkte zunächst beruhigend. 
Während die Verhandlungen mit Bulgarien über dessen Eintritt in 
den Krieg auf feiten der Mittelmächte seit Anfang Oktober völlig ins Stocken 
geraten waren, schienen die Bemühungen in Konstantinopel erfolgreicher 
zu sein. Seit dem Tage der Neutralitätserklärung am 3. August hatte sich 
hier viele Wochen hindurch ein zähes Ringen zwischen der „Neutralität- 
Partei" unter dem Großvezir Said Halim Pascha und der „Kriegspartei" 
unter dem Kriegsminister Cnver Pascha abgespielt. Von großem Ein- 
fluß auf die Entwicklung der Dinge in der Türkei war hierbei sowohl die 
Anwesenheit der deutschen Militärmission unter Marschall Liman 
v. Sanders als auch das am 10. August erfolgte Einlaufen der deutschen 
Mittelmeer-Division in die Dardanellen gewesen, und zwar des Großen 
Kreuzers „Goeben" und des Kleinen Kreuzers „Breslau" unter Vize- 
admiral Souchon. Dieser hatte nach Verkauf der deutschen Schiffe an die 
türkische Regierung auf beiden Kreuzern die osmanischen Hoheitszeichen an- 
bringen lassen und war zum Befehlshaber der schwimmenden türkischen See- 
streitkräfte ernannt worden. Von Anfang Oktober an begann die Kriegs- 
Partei sich in Konstantinopel immer mehr durchzusetzen. Ein sichtbarer 
Erfolg der deutschen oder österreichisch-ungarischen Waffen konnte jetzt den 
Anstoß zum Losschlagen der Türkei geben, dem sich dann vielleicht auch 
Bulgarien anschließen würde. Diese Aussicht hatte General v. Falken- 
Hayn in dem Entschluß bestärkt, durch eine neue gewaltige Kraftanstrengung 
im Westen endlich die hier so lange hinausgezögerte Entscheidung zu er- 
zwingen, um dann die große Transportbewegung nach dem östlichen Kriegs- 
schauplatz durchzuführen. 
Indessen hatte die Hoffnung, durch den Einsatz der neugebildeten 
4. Armee i m W e st e n einen schnellen Umschwung der Lage herbeizuführen, 
sich nicht erfüllt. Und doch ließ sich General v. Falkenhayn angesichts der 
großen Erschöpfung der Gegner nicht den Glauben nehmen, daß er mit der 
in Flandern geplanten neuen Operation einen großen, kriegsentscheidenden 
Erfolg erringen werde.
	        
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