Volltext: Der Herbst-Feldzug 1914 ; 1. Im Westen bis zum Stellungskrieg, im Osten bis zum Rückzug (5. 1929)

Würdigung der deutschen Operationen in Ostpreußen. 
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Munitionsmangel. General Siewers rechnete mit dem Eintreffen weiterer 
deutscher Verstärkungen und wollte den Angriff wieder einstellen, um Ersatz 
und Munition abzuwarten. Da schien sich auf dem Nordflügel doch noch 
Hoffnung auf Erfolg zu bieten. Die 1. selbständige Kavallerie-Brigade 
hatte nördlich von Wladislawow die Landesgrenze erreicht, das Kavallerie- 
korps Gurko die Gegend nördlich des Wischtyter Sees; man hoffte, die bei 
Wirballen stehende deutsche Nordgruppe umfassen zu können. General 
Siewers befahl für das III. und XX. Korps die Fortsetzung des Angriffs. 
Der äußerste Nordflügel kam am 31. Oktober bei Wladislawow etwas 
vorwärts; in der Front aber kam der Angriff des III. Korps gegen die 
Stellungen des deutschen Korps Velow überhaupt kaum zur Entwicklung. 
Gurkos Kavallerie wich vor der deutschen 1. Kavallerie-Division zurück. Das 
XX. Korps drang im Südostteil der Romintenschen Heide langsam weiter 
vor. Am 1. November ließ General Siewers den Angriff fortsetzen. Cr kam 
aber an diesem und auch am folgenden Tage nicht mehr wesentlich weiter. 
Die amtliche russische Darstellung über diesen Abschnitt des Feldzuges 
in Ostpreußen schließt mit der Feststellung'): „Der Kampf der Deutschen 
gegen die Russen, die an Zahl fast immer in doppelter Übermacht waren, 
zeigt alle Eigenarten der deutschen Taktik. Die russischen Operationen 
wurden, seit General Siewers den Befehl übernommen hatte, zwar lang- 
sam, aber folgerichtig geführt. Schritt für Schritt dem Ziele entgegen." 
Dieses Verfahren fand die Anerkennung des Oberbefehlshabers der Nord- 
Westfront. ' 
Der deutschen 8. Armee war es gelungen, die Russen bis Ende 
Oktober vom ostpreußischen Boden fernzuhalten. Beträchtliche feindliche 
Übermacht war an Ostpreußens Ostgrenze gefesselt; schwer waren die Ver- 
lüfte ihrer vergeblichen Anstürme gewesen. Einen entscheidenden Sieg 
hat aber General v. Frangois ebensowenig wie General v. Schubert zu 
erringen vermocht. Alle Versuche, dem Gegner das Gesetz vorzuschreiben 
und die Operationen beweglich zu erhalten, haben sehr bald wieder zur 
Erstarrung der Linien geführt. General v. Francis griff die russische 
Mitte an. Vielleicht hätten starre Abwehr an den zahlreichen Seenlinien 
im Süden und Angriff mit zusammengefaßter Kraft gegen den ver- 
hältnismäßig schwachen russischen Nordflügel besseren Erfolg gebracht und 
auch die Kräfte der deutschen Truppe mehr geschont. Solchen Angriff hatte 
General v. Schubert, als er abberufen wurde, schon vorbereitet, die Generale 
Otto v. Velow und v. Morgen haben ihn mehrfach vorgeschlagen. Auf die 
*) Korolkow, Überblick, S. 107. 
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