Volltext: Der Herbst-Feldzug 1914 ; 1. Im Westen bis zum Stellungskrieg, im Osten bis zum Rückzug (5. 1929)

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Der Feldzug im Osten bis Ende Oktober 1914. 
Verschiebungen bedrohlich geworden; die rückwärtigen Verbindungen der 
Armee erforderten dort baldigen stärkeren Schutz. 
Vei der bis aufs äußerste angestrengten deutschen Truppe machte sich 
der Mangel an Artilleriemunition und, damit eng verknüpft, ein Erlahmen 
der Stoßkraft immer mehr fühlbar. Noch ohne Kenntnis der verhängnis¬ 
vollen Gesamtmunitionslage") hatte General v. Fran«zois um Mitte 
Oktober unmittelbar an das Kriegsministerium gedrahtet: „Gebrauche un- 
bedingt sofort 6 Munitions-Züge Kanonen, 12 Munitions-Züge schwere 
Feldhaubitzen und 23000 Cinheitsgeschosse 05. Operationen sonst in Frage 
gestellt. Empfehle, Persönlichkeiten, die Munitionsnachschub aufhalten, 
vor ein Kriegsgericht zu stellen." Die Oberste Heeresleitung, der diese An- 
sorderung zugeleitet wurde, konnte ihr nicht entsprechen. Auch die am 
19. Oktober an den Generalobersten v. Hindenburg gesandte Meldung: 
„Weitere Offensive nur bei Zuführung von Artilleriemunition in erbetenem 
Umfange möglich; daher Abtransport feindlicher Kräfte nach Warschau 
nicht zu verhindern", blieb wirkungslos. 
Auch die Ereignisse bei der deutschen 9. Armee in Polen machten sich 
bemerkbar. Schon seit dem 13. Oktober hatte es sich darum gehandelt, 
daß die 8. Armee, nach dem von General v. Franczois erhofften Waffen- 
erfolge, Kräfte an die 9. Armee abgebe. Als diese Armee dann aber am 
26. Oktober den Rückzug von der mittleren Weichsel einleitete^), wurde 
auch die Gefahr in der wohl 200 km tiefen, ungeschützten Südflanke der 
8. Armee immer ernster. Je mehr der Druck an der ostpreußischen Ostgrenze 
nachließ, um so stärkere Kräfte konnte der Gegner gegen die Südgrenze 
vereinigen, wo eine neue Armee Rennenkampf in der Versammlung sein 
sollte. General v. Frangois sah darin zunächst noch keinen Grund, seine 
Angriffspläne aufzugeben. Auch noch am 28. Oktober wollte er erst „nach 
Waffenerfolg" Teile seiner Armee nach Thorn zur 9. Armee abgeben*), 
machte die Höhe dieser Abgaben aber abhängig von der Größe des bis dahin 
errungenen Erfolges. Am 29. Oktober wies er darauf hin, daß vorzeitiges 
Abbrechen des Angriffs allmählichen Rückzug und damit Preisgabe oft- 
preußischen Gebietes zur Folge haben werde. Am Abend des 30. Oktober 
mußte er aber angesichts der Entwicklung der Lage an der eigenen Kampf- 
front und des Ausbleibens der erbetenen Munition doch melden: „... Unsere 
Angriffe können wegen Mangel an Munition zunächst nicht fortgesetzt 
werden." Am 31. Oktober abends kam der Befehl des Generalobersten 
v. Hindenburg, den Abtransport von drei Divisionen „vorzubereiten". 
General v. Franczois aber hatte jetzt den Gegenangriff bei Pscherosl ein¬ 
*) Vgl. 6. 308 f. und 560 f. — 2) S. 487. — -) Näheres S. 490.
	        
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