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Der Feldzug im Osten bis Ende Oktober 1914.
7. Oktober an das I. turkestanische Korps und gleichzeitig Vialla an
russische Kavallerie verloren gingen. Die Stellungen des Generals
v. Morgen waren von rückwärts bedroht. Der deutsche Südflügel wurde
daher am 8. Oktober nach Marggrabowa zurückgenommen.
Soweit man wußte"), kämpften jetzt fünf russische Korps: I. turkesta-
nisches, III. sibirisches, XXII., II. kaukasisches Korps und XXVI.
(Reserve-) Korps gegen die Truppen des Generals v. Morgen und das
I. Armeekorps. Dem I. Reservekorps standen mindestens zwei weitere
russische Korps, XX. und III. Korps, gegenüber. Auch das russische II. und
IV. Korps wurden vor der ostpreußischen Ostfront angenommen, ohne daß
aber ihr Aufenthalt genauer bekannt war. General v. Fran<zois sah trotz
dieser überwältigenden feindlichen Übermacht keine Gefahr, solange sich die
Russen auf örtliche Cinzelstöße beschränkten; auf die Dauer aber war die
langgestreckte Grenzstellung mit den vorhandenen schwachen Kräften kaum zu
halten. Daher richtete er am 8. Oktober an die Oberste Heeresleitung wie an
den Generalobersten v. Hindenburg die Anfrage, ob „auf baldige Zuführung
von Verstärkungen, namentlich an Artillerie, gerechnet" werden könne. In-
zwischen ließ er etwa sieben Ersatz-Bataillone, drei leichte und zwei schwere
Batterien in Graudenz und Königsberg freimachen und in der Hauptsache
dem Südflügel unter General v. Morgen zuführen.
b) Das Eintreffen des XXV. Reservekorps und die Fortsetzung der
Kämpfe auf dem Südflttgel bis zum 29. Oktober.
Hierzu Skizze 13.
9. bis 13. or- Am 9. Oktober stellte die Ober st e Heeresleitung der
tober. Armee das neugebildete XXV. Reservekorps zur Verfügung^;
das Korps werde vom 12.Oktober ab mit der Bahn Deutsch-Cylau er-
reichen; auf weitere Verstärkungen sei aber für absehbare Zeit nicht zu
rechnen. Cs war hinzugefügt, die 8. Armee solle mit allen Mitteln durch An-
ordnung der Ausladepunkte und durch Agenten den Glauben verbreiten, daß
sechs neue Armeekorps nach Ostpreußen bestimmt seien. Solche Täufchungs-
manöver konnten auch die Lage in Ostpreußen wenigstens vorübergehend er-
leichtern. Generaloberst v. Hindenburg, dessen 9. Armee zu dieser Zeit
die Weichsel bei und oberhalb Iwangorod erreicht hatte, ließ mitteilen, daß
er am 10. Oktober in der Richtung auf Warschau angreifen werde, also sehr
viel weiter nördlich, als der 8. Armee bisher bekannt war. Damit rückte auch
eine Wechselwirkung zwischen den Operationen der 9. und 8. Armee in
den Bereich der Möglichkeit, und das um so mehr, da auf dem Nordflügel
*) Tatsächliche Stärke der Russen siehe S. 543. — 2) Vgl. hierzu S. 275und 463s.