Die Landwehr vor Ossowjez.
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tember, rückten mehrere russische Kolonnen vom Narew auf Schtschuschin
vor; die bei Stawischki stehende 1. Kavallerie-Brigade mußte ausweichen.
General v. der Goltz erhielt die Aufgabe, südwestlich von Grajewo die rechte
Flanke der Armee zu decken.
Am 30. September mittags griff der Gegner die Landwehr bei
Grajewo an. Da gleichzeitig Meldungen über den Weitermarsch russischer
Kolonnen von Schtschutschin nach Norden vorlagen, beabsichtigte General
v. der Goltz, auf Lyck auszuweichen. Der Oberbefehlshaber war damit aber
nicht einverstanden; er befahl, die Russen durch Gegenangriff zurückzu-
werfen, und entsandte seinen Ersten Generalstabsoffizier, Major Cngelien,
nach Grajewo. Der Gegenangriff kam trotzdem nicht mehr zur Durch-
führung. Da der Gegner von Schtschutschin in der Richtung auf Lyck schon
einen Vorsprung haben mußte, entschloß sich General v. der Goltz im Ein-
vernehmen mit Major Engelien, ostwärts über den Lyck-Fluß auf Raigrod
auszuweichen; man konnte dann vielleicht am nächsten Tage in den Kampf
bei Augustow eingreifen. Als der Divisionsstab schon bei Dunkelheit als
letzter Teil Grajewo verlassen wollte, um über die nur notdürftig wieder-
hergestellten Brücken des Lyck-Flusses seinen Truppen zu folgen, traf ihn
noch im Orte ein heftiger Feuerüberfall. Mit knapper Not entkam der
Stab; Kraftwagen, ein Geschütz und sonstige Fahrzeuge gingen bei dem
ziemlich ungeregelten Abzüge verloren.
In der Nacht zum 1. Oktober ruhte die Landwehr bei Raigrod und
westlich; die 1. Kavallerie-Brigade war bei Prostken über den Lyck-Fluß
nach Nordosten ausgewichen. Die Straße Grajewo—Lyck, und damit der
Weg in den Rücken der Armee, war für den Gegner frei').
Der Vorstoß gegen den Njemen.
Hierzu Karte 18.
Nach den vom Armee-Oberkommando gegebenen Befehlen^) sollte das Bis zum
I.Armeekorps am 24. September den Njemen bei Druskjeniki erreichen; das^'
waren von Seiny, wo die vordersten Teile der 2. Infanterie-Division lagen,
noch fast 50 Kilometer Anmarfch auf teilweise schlechten Wegen durch schwie-
riges Seengelände. Dann sollte das Korps den Übergang erzwingen und die
noch weitere 18 Kilometer entfernte Bahn unterbrechen; gleichzeitig sollte eine
starke Abteilung aller Waffen zur Ablenkung des Gegners gegen Sopozkinje
vorstoßen. Beim I. Armeekorps hatte man nach wie vor ernste Bedenken
gegen eine so ausgedehnte Unternehmung. Angesichts der vorhergegange-
nen außerordentlichen Anstrengungen bat General v. F r a n i s das
*) Über den Gegner vgl. S. 522 ff. — 2) S. 506.