Lage in Ostpreußen, 19. September.
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Königsberg (Hauptreserve der Festung) deckte beiderseits derKownoer
Bahn auf russischem Boden die Nordflanke der Armee. Die 9. Land-
wehr-Brigade hielt Tilsit besetzt; nördlich davon sicherte Landsturm
der Festung Königsberg gegen die russische Grenze.
Hinter der Front war bei Insterburg die 6. Landwehr-Brigade
mit dem Abtransport von Gefangenen und Beute beschäftigt. Sie sollte am
22. September Goldap erreichen.
Als Ergänzung der ständigen Befestigungen Ostpreußens war der Bau
einer Stellung für etwa ein Armeekorps an der Südgrenze bei Mlawa an-
geordnet, eine ebensolche Stellung follte an der Ostgrenze bei Wirballen
geschaffen werden. Vor allem aber wurde mit Nachdruck an den erweiterten
Anlagen von Lützen gearbeitet.
Von See her war nichts zu befürchten; dort hatte die deutsche Flotte
unbedingt die Oberhand.
Vom Gegner war, soweit man auf deutscher Seite wußte, die bei
Tannenberg schwer geschlagene 2.Armee mit mindestens 6y2 Infanterie-
und 3 Kavallerie-Divisionen, ungerechnet die teils vernichteten, teils in Ge-
fangenfchaft geratenen Korps XIII und XV sowie die nach der Schlacht
eingetroffenen Reserve-Divisionen, gegen den Narew zurückgegangen.
Die russische 10. Armee, etwa 6 Infanterie-Divisionen und 1 Kavallerie-
Division, nahm man am oberen Bobr an, und zwar das XXII. und
das III. sibirische Korps nach unglücklichen Kämpfen bei Ossowjez und
vor Augustow, das neu eingetroffene II. kaukasische Korps dahinter bei
Dombrowo, die 1. Kavallerie-Division bei Sopozkinje. Zwischen der
10. Armee und dem Südflügel der 1. Armee bei Olita schien eine weite
Lücke zu sein.
Die soeben erst an den Mafurischen Seen geschlagene 1. Armee, etwa
81/2 Infanterie-, 8 Reserve- und 41/2 Kavallerie-Divisionen, war hinter den
Njemen ausgewichen. Bei Olita war das XX. Korps, nördlich davon das
IV. und bei Kowno das III. Korps festgestellt, südwestlich Olita die 2. und
3. Kavallerie-Division; auf Olita war, wie man wußte, auch das II. Korps
zurückgegangen, das besonders schwer gelitten hatte. Die 68. Reserve-
Division war in der Gegend von Tauroggen—Schaulen zu suchen. Ver-
mutlich befanden sich bei der Armee außerdem noch die 5. Schützen-Brigade,
sieben an den letzten Kämpfen beteiligte Reserve-Divisionen (53., 54., 56.,
57.,72., 73. und 76.) und die beiden Garde-Kavallerie-Divisionen.
Gegen 10 deutsche Insanterie-Divisionen (davon die Hälfte Landwehr-
und Crfatztruppen) und 1 Kavallerie-Division mußte östlich der Weichsel mit
der erdrückenden, etwa dreifachen russischen Übermacht von mindestens
29 Insanterie-Divisionen (davon nur etwa ein Drittel Reserve) und