Volltext: Der Herbst-Feldzug 1914 ; 1. Im Westen bis zum Stellungskrieg, im Osten bis zum Rückzug (5. 1929)

Gegensätzliche Auffassung der Lage bei den Armee-Oberkommandos 1 und 2. 29 
Die am 15. und 16. zwischen den Oberkommandos der 1. und 2. Armee 
gewechselten Funksprüche und schriftlichen Äußerungen geben ein eindrucks- 
volles Bild des Ringens der beiden Auffassungen. 
Generaloberst v. Kluck meldete am 15. September 3" vormittags 
durch Funkspruch an die Oberste Heeresleitung und an die 2. Armee, daß 
das III. Armeekorps seinen Angriff heute fortsetzen und die 1. Armee im 
übrigen ihre Stellungen halten werde. Nach Eintreffen des IX. Reserve- 
korps sei auf dem rechten Armeeflügel der Übergang zum Angriff beabsichtigt. 
In einem um 1030 vormittags abgegangenen Bericht an die Oberste Heeres- 
leitung und an das Armee-Oberkommando 2 wurde die Auffassung des 
Oberkommandos eingehend begründet. Es hieß in ihm zum Schluß: „Die 
Armee behauptet zur Zeit in mehrtägigem Kampf ihre Stellung gegen 
starken Angriff, um es den herankommenden Verstärkungen zu ermöglichen, 
rechtzeitig einzugreifen .. . Der linke Flügel (III. Armeekorps) ist gestern 
zur Entlastung der 7. und dadurch auch der 2. Armee zum Angriff in Gegend 
Vailly vorgegangen. Das III. Armeekorps ist aber auf sehr starken Feind 
gestoßen und wird diesen heute festhalten, um zur Entlastung des 
VII. Reservekorps beizutragen. Der rechte Flügel der 1. Armee geht nach 
Eintreffen des IX. Reservekorps zum Angriff vor. Wenn möglich, schließt 
sich demnächst die ganze Armee dem an. Dann aber sind ihre Kräfte 
erschöpft, und sie bedarf dringend einer kurzen Ruhe und starken Räch- 
ersatzes. Visher ist kein Nachersatz eingetroffen." 
Generaloberst v. Bülow nahm gegen diese Angriffsabsicht in einem an 
die Oberste Heeresleitung gerichteten Schreiben von 330 nachmittags sehr 
entschieden Stellung und meldete, daß er den Angriff des rechten Flügels 
der 1. Armee „verbieten" werde. Cr wies in einem am Abend des 15. Sep- 
tember abgegangenen Schreiben an Generaloberst v. Kluck darauf hin, daß 
die geplante Offensive der 1. Armee im gegenwärtigen Zeitpunkt weder der 
Gesamtlage noch der Aufgabe der Armee entspreche, vielmehr voraussichtlich 
den rechten Heeresflügel erneut in eine sehr schwierige Lage bringen würde. 
„Solange der 1. Armee der Flankenschutz des Heeres zufällt," so hieß es 
weiter, „muß sie ihre Aufstellung grundsätzlich rechts rückwärts gestaffelt 
wählen. Ein Angriff mit dem rechten Flügel der 1. Armee würde somit 
aus dem Rahmen der Gesamtoperation herausfallen und wird daher hier- 
mit ausdrücklich untersagt. Ich habe die Oberste Heeresleitung von dieser 
Weisung an Euer Exzellenz in Kenntnis gesetzt." 
General v. Falkenhayn schloß sich in diesem Widerstreit der Mei- 
nungen der Auffassung des Generalobersten v. Vülow an und wies, da er 
zu dieser Zeit immer noch mit der Möglichkeit einer starken Bedrohung der 
rechten Flanke der 1. Armee und mit der Notwendigkeit ihres Ausweichens
	        
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