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Die Operationen in Frankreich und Belgien.
anlehnung für einen nachhaltigen Widerstand nicht für geeignet. Sie beließ
zwar die 1. und 4. Division mit der Brigade Ronare'h dort, ordnete aber
gleichzeitig den Rückmarsch des Gros der Armee auf das westliche Ufer der
Z)fer in die Linie Dixmude—Rieuport an, wo eine Stellung angelegt
werden sollte'). Aus den vom belgischen Generalstabe getroffenen Maß-
nahmen geht zweifellos hervor, daß schon an diesem Tage der Z)fer-Abschnitt
als Hauptwiderstandslinie in Aussicht genommen war, während die Stel-
lung bei Cortemarck nur als Nachhutstellung betrachtet wurde. Da die
Entfernung von Dixmude bis Roulers über 20 km beträgt, war jede Mit-
Wirkung der Belgier an der geplanten französischen Offensive unmöglich
geworden.
Die von Antwerpen anrückenden deutschenKräste waren nach
belgischen Nachrichten im Laufe des Tages in mehreren Kolonnen über die
Linie Deynze—Gent—Somergem—Selzaete vorgegangen und hatten mit
der belgischen Kavallerie mehrfach Gefechte gehabt^). Im übrigen wurde
bekannt, daß westlich Lille das deutsche XIX. Armeekorps stand und bei
Ath von den Deutschen eifrig am Bau von Ausladerampen sowie an der
Wiederherstellung der belgischen Bahn Cnghien—Grammont gearbeitet
wurde^).
Um die trotz Einstellung von Crsatzmannschasten nicht zu schließenden
Lücken innerhalb der belgischen Verbände auszufüllen, mußte die bel-
gifche Heeresleitung eine Eingliederung anordnen, die bei fünf
Divisionen einer Verminderung des Bestandes um die Hälfte entsprach.
Bei diesen Divisionen wurde die Zahl der Regimenter — bisher sechs —
auf drei herabgesetzt. Nach der Umgliederung betrug die Gesamtgefechts-
stärke der belgischen Infanterie am 18. Oktober nach belgischen Angaben*)
nur 48 000 Gewehre, also durchschnittlich 762 Gewehre im Bataillon.
Um den gesunkenen Mut der Truppe zu heben, erließ König Albert
einen Tagesbefehl, der sich an den nationalen Stolz wandte und von jedem
verlangte, in der angewiesenen Stellung auszuharren; wer von Rückzug
spräche, sei ein Verräter am Vaterlandes.
>4.Ottober. General Iossre erfuhr am 14. Oktober von dem Entschluß der
Belgier, hinter die Z)ser zurückzugehen. Cr erkannte die Gefahr für die
beabsichtigte Offensive und suchte unverzüglich Maßnahmen zur Schließung
der zwischen Engländern und Belgiern entstehenden Lücke zu treffen. An
General Foch erging die Weisung, „den linken Flügel der französisch-
1) La Belgique, S. 181. — -) Ebenda, S. 180. — ») La Belgique, S. 180. —
4) Ebenda, S. 181. — °) Ebenda, 6.182.