Volltext: Der Herbst-Feldzug 1914 ; 1. Im Westen bis zum Stellungskrieg, im Osten bis zum Rückzug (5. 1929)

14 Grundlegende Entscheidungen für die Gesamtkriegfllhrung. 
für die Pforte Unternehmungen gegen England in Ägypten und eine Demon- 
stration im Kaukasus gegen Rußland in Betracht, deren Bedeutung für die 
Gesamtkriegslage die deutsche Oberste Heeresleitung mehrfach betont hatte. 
Der wenig glückliche Verlauf der deutschen Operationen in Frankreich 
und der österreichisch-ungarischen in Galizien sowie die Lage in Serbien um 
die Mitte des Monats September mußten indes von schwerwiegendem Ein- 
fluß auf die weiteren Entschließungen der Türkei und der Balkanstaaten sein 
und die so aussichtsreich erschienenen Verhandlungen ernstlich gefährden. 
Bereits wenige Tage nach dem Rückzüge der österreichisch-ungarischen Armee 
mußte der deutsche Botschafter in Konstantinopel, Freiherr v. Wangenheim, 
nach Berlin melden: „Inzwischen sind Details über die österreichische Nieder- 
läge in Galizien bekanntgeworden. Dazu kommt der ungeheure Eindruck der 
französischen Offensive, während man bereits auf den Fall von Paris 
rechnete . . . Cnver wird mit seinen Kriegsplänen täglich mehr isoliert, 
auch unter den Offizieren. Man zweifelt, ob Deutschland gewinnen werde. 
Izzet Pascha^) sagte zu Lirncm2): »Wir stehen fest zu Ihnen, aber ein 
Selbstmordopfer können Sie von uns nicht verlangen . . . Siegen Sie 
irgendwo, so daß wir an Ihren endgültigen Erfolg glauben können, dann 
werden Bulgarien und wir losgehen.«" Ahnlich ernst lauteten die Nach- 
richten aus Bukarest, wo man bereits infolge des Zurückweichens des deut- 
schen rechten Heeresflügels vor Paris mit der Möglichkeit einer end- 
gültigen deutschen Niederlage rechnete. Am 15. September wurde berichtet, 
Rußland habe Rumänien den südlichen Teil von Siebenbürgen angeboten, 
und am Tage darauf wurde die rumänische Grenze für die bisher gestatteten 
Material- und Munitionstransporte von Deutschland nach der Türkei 
gesperrt. 
Die ernsten Stimmen der verantwortlichen diplomatischen Auslands- 
Vertreter zeigten eindringlich, wie sehr der Erfolg der Bemühungen 
um die Gewinnung neuer Bundesgenosien vor allem von der weiteren 
Gestaltung der militärischen Lage abhing. 
Von Anfang an hatte General v. Falkenhayn die Absicht, die 
deutsche Öffentlichkeit über die wahren Vorgänge in der Marne- 
fchlacht und während des anschließenden Rückzuges in rückhaltloser Weise 
aufzuklären. Erst gegen Ende September gestattete die militärische Lage an 
der Front nach seiner Ansicht die Ausführung dieser Absicht. Am 28. Sep- 
tember sandte er an das Auswärtige Amt in Berlin zur Verbreitung durch 
*) Vis Januar 1914 als Vorgänger von Cnver Bey Kriegsminister. 
2) Marschall Liman v. Sanders war der Leiter der deutschen Militärmission in 
der Türkei.
	        
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