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Die Operationen in Frankreich und Belgien.
5. Die Rümpfe der 4. und 6. Armee vom 2o. bis 23• Oktobers.
Hierzu Karten 10 (1 :1000 000) und 11 (1 :200 000).
2». Oktober. In der am 20.Oktober zwischen dem Meere und La Bassee in
Flandern entbrannten Schlacht gewann die Eigenart des Geländes besondere
Bedeutung; es ist sehr dicht besiedelt und mit größeren und kleineren
Ortschaften, einzelnen Gehöften, Waldstücken, Hecken, Baumgruppen über-
sät. Nördlich Dixmude ist es vollkommenes Tiefland, liegt als Polder
zum Teil unter dem Meeresspiegel und wird von zahllosen Kanälen und
Gräben mit sumpfigem Untergrund durchschnitten.
Die Z)ser ist auf ihrem ganzen Unterlauf kanalisiert und auf beiden
Seiten von Dämmen begleitet. Die Flußbreite beträgt zwischen Dixmude
und Nieuport 25bis 30 m, der Wasserspiegel liegt etwa auf der Höhe des
gewachsenen Bodens; die Dämme überragen ihn um fast 2m. Der Grund¬
wasserstand ist in diesem Gelände sehr hoch; jeder Regen läßt ihn noch
steigen. Das ganze Gelände ist der Überschwemmung von See her aus¬
gesetzt. Entwässerung sowie Abschluß gegen das Meer erfolgen durch
ein System von Kanälen und Schleusen, das zugleich die Möglichkeit bietet,
das Land unter Wasser zu setzen. Eine Anzahl wichtiger Schleusen befindet
sich bei Nieuport. Der Z)pern-Kanal durchschneidet südlich Z)pern die flan-
drische Hügelkette und läuft daher auf weiten Strecken in einem Boden-
einschnitt. Cr wird künstlich gespeist, so daß er auch trocken gelegt werden
kann. Südlich Dixmude beginnen die Ausläufer der flandrischen Hügel-
kette, deren höchste Erhebungen zwischen Cassel und dem Kemmel (156 m)
liegen und die sich über Hollebeke—Gheluvelt—Zonnebeke—Westroosebeke
allmählich nach Osten abflachen. Das Hügelgelände im Kampfgebiete nörd-
lich und südlich von Bpern hat eine durchschnittliche Höhe von 40—75 m.
Nach der Lys zu wird es völlig eben. Trotz ihrer geringen Höhe gewannen
diese Hügelketten große Bedeutung für die Artilleriebeobachtung. Ihr Besitz
hatte also hohen taktischen Wert. Vom Kemmel aus war das gesamte
Gelände aus weite Entfernungen hin zu übersehen. Der allgemeine Boden-
charakter bot dem Angreifer einerseits die Möglichkeit gedeckter Annähemng,
erschwerte aber andererseits das Zurechtfinden und schuf zahllose Hindernisse.
Cr ermöglichte vor allem zähe, abschnittsweise Verteidigung. Selbst
schwacher Gegner konnte ernstlichen Aufenthalt bereiten. Die Artilleriever-
Wendung war für den Angreifer und Verteidiger gleich schwierig, die Leitung
größerer Artillerieverbände, Feuerverteilung und Beobachtung vielfach fast
J) Einzelheiten über diese Kämpfe: Schlachten des Weltkrieges, Band 10: „Dpern"
vonW.Veumelburg und Der große Krieg in Einzeldarstellungen, Heft 10: „Die Schlacht
an der Yser und bei Ypern im Kerbst 1314." Von Hptm. Schmink (Verlag Stalling).