Volltext: Der Herbst-Feldzug 1914 ; 1. Im Westen bis zum Stellungskrieg, im Osten bis zum Rückzug (5. 1929)

Charakteristik des Generals v. Falkenhayn. 
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Schulung des Generalstabes so bedeutungsvoll gewesen war, hatte er sich in 
militärischer Verwendung in China und Kiautschou befunden. Er konnte 
also ebensowenig als Vertreter der in strenger Schule strategisch durch- 
gebildeten höheren Generalstabsoffiziere gelten wie sein Vorgänger, General- 
oberst v. Moltke. General v. Falkenhayn hat diesen Mangel wohl gelegent- 
lich auch selbst empfunden und sich als „Autodidakt"^) bezeichnet. Dafür 
hatte sich durch den langjährigen Aufenthalt im Auslande sein Gesichtskreis 
dank seiner zweifellosen staatsmännischen Begabung nach den verschiedensten 
Richtungen, vor allem aber in politischer Hinsicht geweitet; auch war er in 
der Lage gewesen, sich größere Weltgewandtheit anzueignen. Inwieweit 
er trotz fehlender operativer Schulung über Eigenschaften verfügte, die diesen 
Mangel ausglichen, inwieweit insbesondere innere Wesenswerte wie Kraft, 
Schwung und Festigkeit des Wollens und vor allem Wagemut, der vor 
keinem Einsatz zurückschreckte, ihn zu der verantwortungsreichsten und 
schwierigsten Stellung befähigten, konnten erst seine Taten zeigen. An- 
zweifelhaft gehörte er in seiner jugendlichen Frische, seiner großen körper- 
lichen und geistigen Beweglichkeit und der sicheren Gewandtheit seines 
Wesens bei Kriegsausbruch zu den hervortretenden Erscheinungen des 
deutschen Heeres. 
General v. Falkenhayn war eine leidenschaftliche und ehrgeizige 
Natur, nicht ohne inneres Feuer, doch nach außen jederzeit beherrscht 
und verschlossen, fremder Beeinflussung nicht unzugänglich, ftei von 
Menschenfurcht, unerschöpflich an Arbeitsleistung, mit stählernen Nerven, 
von großer persönlicher Einfachheit und Bedürfnislosigkeit. Wenn das 
Urteil über den neuen Leiter der Operationen vielfach sehr zurückhaltend 
lautete, so lag dies vielleicht an seiner Verschlossenheit, die den Eindruck 
der Undurchsichtigkeit erwecken konnte, und an seiner ganzen Art, sich nach 
außen zu geben. Seine letzten Pläne und Absichten blieben selbst seiner 
vertrautesten Umgebung oft verborgen. Gegenüber den älteren Armee- und 
Korpsführern fehlte es ihm namentlich zu Anfang naturgemäß an Autorität, 
die in solcher Stellung bei seiner Jugend nur das Ergebnis großer kriege- 
rischer Erfolge sein konnte. So heißen Herzens und leidenschaftlichen 
Sinnes General v. Falkenhayn daher wohl solche Erfolge erstreben mochte, 
so wurde ihm doch das Wagnis großer Würfe erschwert durch seine nüchtern 
und vorsichtig wägende Art. Nur zu leicht war er geneigt, sich mit kleineren, 
aber sicher scheinenden Erfolgen zu begnügen. 
Die Frische und Verantwortungssreudigkeit, mit der General v. Falken- 
Hayn trotz der schwierigen Lage auf beiden Kriegsschauplätzen sein neues 
H. v, Zwehl: „Crich v, Falkenhayn", S. 7.
	        
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