510
Rückblick.
Die französische Gegenoffensive in Lothringen blieb aus. Aber auch
die daraufhin in Kraft tretende Aushilfe des eigenen Angriffs, dem die zur
Durchführung berufenen Kommandobehörden von Anfang an mit berech¬
tigten Zweifeln gegenüberstanden, versagte. Das Vorgehen gegen die
Festungsfront begegnete so starkem Widerstande und so vielfachen
Schwierigkeiten, daß die Hoffnung auf einen schnellen und durchschlagenden
Erfolg sich nicht verwirklichte. Wohl glückte es, durch die zunächst gewählte,
drohende Ausfallstellung der 6. und 7. Armee länger, als nüchtern ab¬
wägendes Urteil eigentlich erwarten durfte, die Franzosen von einer erheb¬
lichen Schwächung ihres Südflügels abzuhalten, auf die Dauer verhindern
ließ sie sich aber nicht. So behielt der Feind Handlungsfreiheit
für beliebige Verwendung des an seiner Festungs-
front ersparten Kraftüberschusses. And als dann schlie߬
lich Anfang September von deutscher Seite nach Überwindung vieler
Schwierigkeiten zur ernsthaften Durchführung der Durchbruchsaufgabe
geschritten wurde, hatte sich inzwischen die Gesamtlage auf dem westlichen
Kriegsschauplatz so sehr verschoben, daß eine wesentliche Einschränkung der
an dieser Stelle eingesetzten deutschen Kräfte erforderlich wurde. Wenn
gleichwohl die Oberste Heeresleitung auch jetzt noch mit Zähigkeit an
dem Durchbruchsgedanken festhielt, so geschah es weniger im Vertrauen
auf ein rasches Vorschreiten des Angriffs aus eigener Kraft als in
der Hoffnung, durch Druck des inneren Flügels der Schwenkungsfront
von Norden her gegen Flanke und Rücken der Festungswand für die
6. Armee den Weg über die Mosel zu öffnen. Es war also das Gegen¬
teil dessen eingetreten, was man mit dem Durchbruch bezweckt hatte.
Der Versuch, den Südflügel rechtzeitig zu kraftvoller Mitwirkung an
der gemeinsamen großen Verfolgungsaufgabe zu bringen, war mißlungen.
Dadurch, daß dieser Flügel auf räumlich abgetrenntem Kriegsschauplatze
vor eine mühevolle und zeitraubende Aufgabe des Festungskrieges gestellt
worden war, wurde auf seine unmittelbare und tätige Anteilnahme an der
Gesamtoperation verzichtet. Diese Vrachlegung etwa eines Drittels
der deutschen Gesamt st reitkräste im Westen wog um so
schwerer, als bei der von Anbeginn vorhandenen zahlenmäßigen Unter-
legenheit nicht nur die Abgabe von zwei Korps nach dem Osten, sondern
auch die Ausscheidung von mehr als drei Korps für die Einschließung
feindlicher Festungen bereits eine beträchtliche Schwächung der im freien
Felde verfügbaren Kräfte bedeutete. Der operativ entscheidende rechte
Heeresflügel, die 1., 2. und 3. Armee, war entgegen dem ursprünglichen
Feldzugsplane seit Beginn der Operationen um insgesamt 96 Bataillone