Volltext: Der Marne-Feldzug ; [2]. Die Schlacht (4. 1926)

256 Das Eingreifen der Obersten Heeresleitung in die Schlachtentscheidung. 
en Tardenois geführt. Die Eindrücke, die er unterwegs von den Zuständen 
hinter der Front der mit der Sperrung der Lücke beauftragten Truppen 
empfing, sollten seine ohnehin schon gedrückte Gemütsstimmung sehr 
ungünstig beeinflussen und waren geeignet, ihn in seiner düsteren Veurtei- 
lung der Gesamtlage verhängnisvoll zu bestärken. „Der Eindruck, den ich 
bei meiner Fahrt . . . zum Armee-Oberkommando 1 hatte," schreibt 
Hentsch selbst in seinem ersten Bericht vom 15. September 1914, „war 
kein günstiger, überall traf ich auf in wilder Hast zurückgehende 
Trains und Bagagen der Kavallerie-Divisionen; sie nahmen sämtlich 
die Richtung auf Fere en Tardenois. Verwundetentrupps strömten 
in gleicher Richtung ab; sie fürchteten, bereits abgeschnitten zu sein. In 
Neuilly St. Front war alles durch Kolonnen verstopft; ein Fliegerangriff 
hatte eine völlige Panik hervorgerufen^). Wiederholt mußte ich aus» 
steigen, um mir mit Gewalt die Weiterfahrt zu erzwingen. Vor Neuilly 
wandte ich mich nach Süden, um über Croup Mareuil zu erreichen. Vor 
Vrumetz mußte ich umkehren, da englische Kavallerie bereits in der Nähe 
war. Erst mittags gelang es mir, über Chszy Mareuil zu erreichen . . . 
Anterwegs hörte ich, daß der Gegner unsere Kavallerie von der Marne ver- 
trieben und den Fluß bereits überschritten habe." Diese 
Schilderung hat der damalige Hauptmann Koeppen in einer Zuschrift vom 
5. März 1925 als „übertrieben" bezeichnet. „Auf mich machte", so schreibt 
er, „d a s Gesamtbild der Zustände (auf den Straßen) nicht den 
von Hentsch geschilderten Eindruck!" Anders bei diesem selbst: Seine Be- 
gleiter berichten übereinstimmend, daß die „panikartigen" Vorgänge bei 
den Kolonnen starken Eindruck auf ihn gemacht hätten; „sie hätten ihn bei- 
nahe zur Aufgabe des Besuches bei der 1. Armee veranlaßt". Der Wagen- 
sührer, das Mitglied des Freiwilligen Automobilkorps Landrat v. Marx, 
berichtet auf Grund von Tagebuchaufzeichnungen, Hentsch sei während der 
Fahrt mehrfach wankend geworden, ob er sie durchführen solle. „Etwa in 
der Mitte der Strecke, unweit Ehkteau Thierry'), mußte ich dreimal wieder 
umkehren, denselben Ort durchfahren." Der bei dem plötzlichen Herum- 
werfen der Armee von der Marne an den Ourcq und bei der starken Ver- 
Mischung der Verbände erklärliche Wirrwarr bei den Kolonnen hat auf 
den aus der Stille des Luxemburgischen Hauptquartiers kommenden Oberst- 
leutnant Hentsch begreiflicherweise einen stärkeren Eindruck gemacht, als 
das bei einem an die Verhältnisse dicht hinter der Front gewöhnten 
Generalstabsoffizier der Fall gewesen sein würde. Die starke Vermischung 
') Die Fliegerbomben waren für die Artilleriegeschosse einer durchgebrochenen 
englischen Kavallerie-Division gehalten worden. 
2) Muß wohl heißen: Fere en Tardenois.
	        
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