430 Die Durchbruchsschlacht von Gorlice.
General v. Conrad war mit den Vorschlägen des Generals v. Linsingen
an sich einverstanden, glaubte indeffen mit Rücksicht auf die Gesamtlage vor¬
läufig aus Mangel an Kräften nicht darauf eingehen zu dürfen. General
v. Linsingen suchte daher für den beabsichtigten Stoß sich selbst Reserven zu
schaffen, und zog bei der Gruppe Szurmay eine österreichische Brigade, beim
Korps Gerok zwei Regimenter mit einer Gebirgsbatterie aus der Front.
Inzwischen begannen die ersten Auswirkungen des Erfolges bei Gor-
lice auch auf der übrigen Front fühlbar zu werden: Am 6. Mai teilte die
österreichisch-ungarische 3. Armee mit, daß die Russen vor ihrer Front in
eiligem Rückzüge wären, auch die 2. Armee rechnete mit einem Ausweichen
des Gegners; am 7. Mai konnten Flieger rückgängige Bewegungen von
Kolonnen und Trains vor dem linken Flügel der Südarmee selbst feststellen.
General v. Linsingen befahl daher am 8. Mai: „Der Gegner ist vor der
2. Armee und der Gruppe Szurmay in vollem Rückzüge..., die Südarmee
setzt die Verfolgung des geschlagenen Gegners fort und greift an, wo er
noch standhält, ohne abzuwarten, daß er seine Stellungen völlig geräumt
hat ..." Vor der 2. Armee war der Gegner am Morgen dieses Tages
tatsächlich gewichen, der Gruppe Szurmay gelang es jedoch in den nächsten
beiden Tagen nur, die Höhenlinie Vyczok—südöstlich Kiczera Sokilska—
südöstlich Ielenowaty—nördlich Halicz zu gewinnen und hier Anschluß an
den rechten Flügel der 2. Armee zu nehmen. Vor der übrigen Front der
Südarmee blieb die Lage zunächst unverändert. Als aber die Gruppe
Szurmay am Abend des 11. Mai sich zum Sturm gegen die noch stark
besetzte Höhenstellung Iasowiec—Ostry anschickte, und weitere Nachrichten
über rückgängige Bewegungen des Feindes eintrafen, befahl General v. Lin¬
singen für den 12. Mai den allgemeinen Angriff: auf dem rechten Flügel
sollte das Korps Gerok aus Wygoda, die Mitte beiderseits der Straße
Munkacs—Stryj vorstoßen; die Gruppe Szurmay im Vorgehen auf Turka
bleiben. Bald darauf trafen auch Weisungen aus Teschen ein, die die Ver¬
folgung aus den Karpaten heraus regelten: „2. Armee trachtet mit starkem,
linkem Flügel entlang der Straße Astrzyki dl.—Chyrow den Rückzug der
russischen 8. Armee zu stören, äußerste rechte Vewegungslinie Smol-
nik—Voberka—Holowiecko—Strzylki—Topolnica—Zwor—Czukiew südlich
Sambor. Südarmee schließt sich vom linken Flügel der allgemeinen Vor¬
rückung in Richtung Drohobycz—Stryj—Dolina an."
Armeegruppe Bei der Armeegruppe Pflanzer-Baltin hatten sich schon
Baltin, im April die Anzeichen dafür gemehrt, daß der Gegner starke Kräfte vor
ihrem Westflügel in den Tälern der Lomnica und Czeezwa versammle.
General v. Pflanzer-Baltin sah sich daher veranlaßt, das Schwergewicht
seiner Front wieder nach Westen zu verlegen, zumal da gerade die Naht-