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Die Kämpfe an der Ostfront bis Ende April 1915.
der Armeen noch nach dem Bestände an Kampfmitteln für zulässig, die
Grenze zu überschreiten und nach Ostpreußen einzudringen, wo wir unsere
Truppen wieder dem unheilvollen Einflüsse der preußischen Eisenbahnen
aussehen würden." Die Heeresgruppe müsse sich damit begnügen, „scharfe
aber kurze Schläge zu führen, mit Verfolgung nur bis zur Grenze",
um geeignete Stellungen zu aktiver Abwehr im Vorgelände des Niemen,
Vobr und Narew zu gewinnen. Links der Weichsel sollten die Stellungen
gehalten werden; eine weitere Schwächung der dort eingesetzten Kräfte sei
höchst unerwünscht; die Heeresgruppe sollte sich vielmehr — wie am
nächsten Tage angeordnet wurde — darauf einrichten, nötigenfalls in
Massentransporten Truppen vom rechten auf das linke Ufer zurückzufahren.
Am 2. März befahl General Rußki den allgemeinen Angriff rechts
der Weichsel mit beschränktem Ziel. Die 10. 2l r m e e mit zusammen
rund 13 Infanterie- und fünf Kavallerie-Divisionen sollte den Augustower
Forst und, wenn möglich, die Linie Kalwarja—Suwalki—Augustow wieder¬
gewinnen. Die 12. Armee mit zusammen zwölf Infanterie- und
2y2 Kavallerie-Divisionen hatte mit den Hauptkräften von Lomza auf
Szczuczyn zum Angriff vorzugehen und dabei den linken Flügel des
gegenüberstehenden Feindes zu umfassen, um ihn von den vor Osowiec und
östlich stehenden Kräften zu trennen und nach Westen abzudrängen. Die
1. Armee mit zusammen zwölf Infanterie- und 6% Kavallerie-
Divisionen sollte das Gebiet bis zur Grenze vom Feinde säubern. Links
der Weichsel hatten 2. und 5. Armee mit 16%! Divisionen Infanterie,
einigen Landwehr-Brigaden und zwei Kavallerie-Divisionen den Gegner
durch Teilvorstöße zu fesseln, wobei die 2. Armee versuchen sollte, die Deut¬
schen vom rechten RawkoUfer zu vertteiben. Als Reserve hielt General
Rußki das XXIII. Korps (3. Garde-Infanterie-Division und 62. Reserve-
Division) bei Warschau und Bialystok bereit. General Rußki sah die
Lage hoffnungsvoll an und hatte wenig Neigung, den Angriff schon an der
Grenze ganz anzuhalten, weil er dann die Flußniederungen im Rücken habe.
Er bat um die Erlaubnis, den Angriff bis zur Einnahme des Südteiles der
Masurischen Seen fortzusetzen. Die Oberste Heeresleitung war einver¬
standen, wies aber darauf hin, daß bald ein Korps an die Südwestfront
abzugeben sein werde.
Bei der 10. Armee mußte das bei Grodno stehende XX. Korps
schon am 7. März als Heeresgruppenreserve herausgezogen werden. Nörd¬
lich des Augustower Forstes erreichten das III. und II. Korps bis zum
9. März, den inzwischen zurückgehenden Deutschen folgend, die Gegend
südlich Simno. Ein deutscher Gegenstoß warf an diesem Tage Teile des
III. Korps von Lozdzieje aus Sereje zurück und kam damit in den Rücken