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Das Gefecht bei Stallupönen.
den Rückzug an. Der Gegner blieb Herr des Schlachtfeldes. Es konnte
nicht ausbleiben, daß er sich als Sieger fühlte.
Das I. Armeekorps hatte am 17. August bei Stallupönen mit
nicht ganz drei Infanterie-Brigaden, wie wir heute wissen, gegen drei
russische Infanterie-Divisionen im Kampfe gestanden: die 27. und 25.
vom III. und die 29. vom XX. Korps. Von diesen war die südlichste,
27. Infanterie-Division, bei Göritten geschlagen; ihre Regimenter hatten
beim Überschreiten des Grenzflusses noch besonders schwer durch das
Verfolgungsfeuer der deutschen Artillerie gelitten und im ganzen 6600
Mann verlorenx). Diese russische Division kam für die Fortsetzung des
Kampfes am 18. August kaum in Frage. Die 25. Infanterie-Division
war beiderseits der großen Straße kämpfend bis 4 km östlich Stallu¬
pönen vorwärts gekommen, ihr rechter Flügel hatte Bilderweitschen
von Osten genommen. Die 29. Infanterie-Division hatte, ebenfalls
kämpfend, mit dem linken Flügel Bilderweitschen, mit dem rechten Degesen
erreicht. Diese beiden russischen Divisionen standen ihrerseits im Voll¬
gefühl des ersten Sieges und waren für den 18. August voll ver¬
wendungsfähig.
Run waren die Russen aber, ohne daß es dem deutschen I. Armee¬
korps bekannt wurde, gleichzeitig auch südlich wie nördlich des Gefechts-
feldes vorgegangen. Fm Süden hatte die russische 1. Kavallerie-Division
die Gegend von Marggrabowa erreicht, die 5. Schützen-Brigade war bis
Kowahlen gekommen. Vom IV. Korps hatte sich die 30. Infanterie-
Division durch die Vortruppen der bei Goldap stehenden deutschen 3. In¬
fanterie-Brigade aufhalten lassen; sie erreichte abends Dubeningken. Die
russische 40. Infanterie-Division war mit ihrer 1. Brigade morgens gegen
die bei Mehlkehmen zurückgelassene Abteilung der deutschen 4. Infanterie-
Brigade ins Gefecht getreten. Während diese auf Tollmingkehmen
auswich, waren aber die Russen nachmittags auf Befehl ihres Armee-
Oberkommandos, den Truppen des deutschen Generals v. Falk folgend,
zur Unterstützung des III. Korps nach Norden abmarschiert. So kam
die russische 40. Division mit der 1. Brigade abends bis vor Wicknaweitschen,
stand also dem Südflügel des deutschen I. Armeekorps in der Flanke.
Ihre 2. Brigade war bei Dumbeln und Szittkehmen noch weiter zurück. —
Nördlich des Gesichtsfeldes war das russische Kavalleriekorps des Generals
Chan Hussein Nachitschewanski bis Pillkallen und westlich gelangt, da¬
hinter hatte die 28. Infanterie-Division (vom XX. Korps) Willuhnen
erreicht.
!) Radus-Senkowitsch im Sbornik, Heft 1, S. 88. — Davon entfielen allein 3000
Mann auf das Regiment 105.