Volltext: Die Befreiung Ostpreußens (2. 1925)

Erstes Rapitel. 
Bis zum Beginn der Operationen. 
J. Die Verteidigung des deutschen Ostens. 
(Karte 1.) 
Der deutsche Generalstab erwartete, daß sich die Russen zuerst 
gegen das deutsche Gebiet östlich der Weichsel wenden würden. 
Man wollte versuchen es zu halten; für längere Zeit schien das aber nur 
unter ganz besonders günstigen Umständen ausführbar. Mit der Mög¬ 
lichkeit, daß der Gegner schließlich bis an die deutsche Weichsellinie vor¬ 
drang, mußte durchaus gerechnet werden. Er würde sie aber wahrschein¬ 
lich nicht in der Front angreifen, sondern schon auf russischem Boden 
südlich umgehen. Dann stieß er aus die Festung Posen. Hier aber 
mußte dem Gegner unter allen Umständen so lange Halt geboten werden, 
bis ausreichende Verstärkung aus dem Westen herankam, um auch im 
Osten zum Angriff überzugehen. 
Alle für den Festungsbau im Osten verfügbaren Mittel flössen 
daher in den letzten Jahren vor dem Kriege vor allem der Festung Posen 
und der befestigten Weichsel-Nogat-Front zu; Schorn, Kulm, Graudenz 
und Marienburg sollten ausgebaut werden. Diese Festungsfront fand 
im Norden Anlehnung an die Ostsee. Hier war hinter ihrem linken Flügel 
der Danziger Kriegshafen gegen See befestigt. Im Süden hatte auf den 
an sich erwünschten Abschluß von der Weichsel bei Bromberg bis Posen 
wegen zu hoher Kosten verzichtet werden müssen. Dafür sollte im Kriegs¬ 
fälle über Bromberg nach Westen, hinter Brahe und Netze, eine nach 
Süden gerichtete Flanke an die Weichselfront angehängt werden, die 
dann an die Warthe nördlich Posen anschloß. Von hier war längs der 
Obra ein Abschluß zur Oder vorbereitet. An diesem Flusse lagen dann 
weiter südlich die veraltete kleine Festung Glogau und Breslau, das als 
weiterer Stützpunkt der Verteidigung erst im Kriegsfalle ausgebaut 
werden sollte. Das Ganze war aber nicht als eine für lange Dauer 
zu haltende Stellung gedacht, sondern, vor allem im Süden, nur als eine 
Ausweichgelegenheit. Man wollte so bald als irgend möglich an 
geeigneter Stelle zum Angriff übergehen und dadurch die Ent¬ 
scheidung suchen. Die ausgedehnten Brückenköpfe der Weichsellinie
	        
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