Erstes Rapitel.
Bis zum Beginn der Operationen.
J. Die Verteidigung des deutschen Ostens.
(Karte 1.)
Der deutsche Generalstab erwartete, daß sich die Russen zuerst
gegen das deutsche Gebiet östlich der Weichsel wenden würden.
Man wollte versuchen es zu halten; für längere Zeit schien das aber nur
unter ganz besonders günstigen Umständen ausführbar. Mit der Mög¬
lichkeit, daß der Gegner schließlich bis an die deutsche Weichsellinie vor¬
drang, mußte durchaus gerechnet werden. Er würde sie aber wahrschein¬
lich nicht in der Front angreifen, sondern schon auf russischem Boden
südlich umgehen. Dann stieß er aus die Festung Posen. Hier aber
mußte dem Gegner unter allen Umständen so lange Halt geboten werden,
bis ausreichende Verstärkung aus dem Westen herankam, um auch im
Osten zum Angriff überzugehen.
Alle für den Festungsbau im Osten verfügbaren Mittel flössen
daher in den letzten Jahren vor dem Kriege vor allem der Festung Posen
und der befestigten Weichsel-Nogat-Front zu; Schorn, Kulm, Graudenz
und Marienburg sollten ausgebaut werden. Diese Festungsfront fand
im Norden Anlehnung an die Ostsee. Hier war hinter ihrem linken Flügel
der Danziger Kriegshafen gegen See befestigt. Im Süden hatte auf den
an sich erwünschten Abschluß von der Weichsel bei Bromberg bis Posen
wegen zu hoher Kosten verzichtet werden müssen. Dafür sollte im Kriegs¬
fälle über Bromberg nach Westen, hinter Brahe und Netze, eine nach
Süden gerichtete Flanke an die Weichselfront angehängt werden, die
dann an die Warthe nördlich Posen anschloß. Von hier war längs der
Obra ein Abschluß zur Oder vorbereitet. An diesem Flusse lagen dann
weiter südlich die veraltete kleine Festung Glogau und Breslau, das als
weiterer Stützpunkt der Verteidigung erst im Kriegsfalle ausgebaut
werden sollte. Das Ganze war aber nicht als eine für lange Dauer
zu haltende Stellung gedacht, sondern, vor allem im Süden, nur als eine
Ausweichgelegenheit. Man wollte so bald als irgend möglich an
geeigneter Stelle zum Angriff übergehen und dadurch die Ent¬
scheidung suchen. Die ausgedehnten Brückenköpfe der Weichsellinie