Volltext: Die Befreiung Ostpreußens (2. 1925)

26 
Der österreichisch-ungarische Aufmarschplan und der Kriegsbeginn. 
Generalstabschef, der zwischen Frankreich und Rußland ziv entscheiden 
hatte — vielleicht doch zu dem Ergebnis gekommen, daß ein Aufmarsch 
und vollends eine Feldzugseröffnung auf dem Balkan nur möglich sei, 
wenn man der Neutralität Rußlands sicher war. 
General v. Conrad sah die Lage, wenn Rußland in einen 
Balkankrieg nachträglich eingriff, zwar als „mißlich"1), aber doch 
keineswegs als aussichtslos an. Einem solchen Eingreifen Rußlands trug 
daher die Zusammensetzung der im „Balkan-Fall" gegen Serbien be¬ 
stimmten Streitkräfte von Haus aus Rechnung. Diese bestanden im 
wesentlichen aus einer „Minimal-Gruppe" von ll2) Divisionen In¬ 
fanterie, die auch im „Rußland-Fall" an der Balkan-Grenze zu bleiben 
hatten, und einer besonderen „L-Sta f f e l" mit 11V?) Divisionen Infanterie, 
die zwar im „Rußland-Fall" nach Galizien bestimmt waren, aber ohne¬ 
hin erst am Ende der ganzen Ausmarschbewegung dorthin rollen sollten. 
Sie konnten, solange die Offensive gegen Serbien noch nicht begonnen hatte, 
d. h. etwa bis zum 15. „Mobilisierungstage", von dort zurückgerufen werden. 
Das sollte geschehen, sobald Rußland den „ersten feindseligen Akt (also 
schon die Mobilmachung)"1) unternahm. Trat dieser Fall bis zum fünften 
„Mobilisierungstage" ein, so hielt es General v. Conrad sogar für möglich, 
die L-Stassel, ohne Schädigung des Aufmarsches gegen Rußland, nach 
Galizien umzuleiten1). Nach dem 15. „Mobilisierungstage" aber war eine 
Änderung überhaupt nicht mehr möglich. Man mußte dann zuerst den 
Balkankrieg zur Entscheidung bringen, wofür General v. Conrad etwa 
zwei Monate veranschlagt hatte, und bis dahin mit 30, vielleicht auch noch 
weniger Divisionen gegen Rußland auskommen. 
Am28.Juni 1914 sielen der österreichisch-ungarische Thron¬ 
folger, Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich, und seine 
Gemahlin in Serajewo durch Mörderhand. Es war ein rein 
politisches Verbrechen, dessen Anstifter in Belgrad zu suchen waren. 
Bei der Lage des Falles hoffte man mit Serbien allein abrechnen zu können. 
Vier Wochen nach dem Morde, am 23. Juli, wurde der serbischen 
Regierung eine befristete Note, das österreichisch-ungarische „Ulti¬ 
matum", überreicht. Am 25. Juli ordnete Serbien die Mobil¬ 
machung an und übergab drei Stunden danach dem österreichisch- 
!) Brief an General v. Moltke vom Januar 1913, siehe S. 11. 
2) Dabei 2 selbständige Gebirgs-Brigaden und 4 Landsturm-Brigaden, zusammen 
gleich 3 Divisionen gerechnet. 
3) Dabei 1 Landsturm-Brigade, ferner 2 Kavallerie-Divisionen. 
4) Conrad IV, S. 267.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.