Volltext: Die Befreiung Ostpreußens (2. 1925)

1914. — Moltke und Conrad in Karlsbad. 
25 
das Mögliche zu leisten, konnte nach den wiederholten Versicherungen 
des deutschen Generalstabschess wohl kein Zweifel sein. Darauf ließen sich 
Hoffnungen bauen, aber letzten Endes hing doch alles vom Ausgang des 
Kampfes im Westen ab. 
Die Lage, die sich daraus für Österreich-Ungarn ergab, hatte 
General v. Conrad richtig erkannt und, wie er selbst erzählt, bei der Be¬ 
sprechung in Karlsbad mit den urwüchsigen Worten gekennzeichnet: „Also 
mindestens sechs Wochen müssen wir unseren Rücken herhalten gegen 
Rußlands." Das war um so schwieriger, als man mit gleichzeitigem 
Kriege gegen Serbien und Montenegro zu rechnen hatte, wegen der 
Stellungnahme Rumäniens in Sorge war und auch der Haltung 
Italiens nicht ganz traute. 
So wollte die Donau-Monarchie einen Krieg gegen Rußland wegen 
seiner unübersehbaren Folgen nicht herbeiführen, dagegen schien 
es erwünscht, den Kamps aus dem Balkan allein, wenn er unver¬ 
meidlich war, baldigst auszutragen. Daß Rußland der Monarchie 
für einen solchen Krieg freie Hand lassen werde, glaubte General v. Conrad 
noch im Januar 1913 kaum voraussetzen zu dürfen. Reben dieser klaren Er¬ 
kenntnis der harten Wirklichkeit blieb aber bei ihm wie bei den Staats¬ 
männern Österreich-Ungarns die Hoffnung lebendig, daß es vielleicht doch 
möglich sein könne, einen solchen Krieg ohne russische Einmischung durch¬ 
zuführen. So wurde im Frieden, neben dem Aufmarsch zum Kriege gegen 
Rußland unter Deckung gegen Serbien und Montenegro (Fall R — Ru߬ 
land), auch dauernd ein solcher für den Balkankrieg allein (Fall B = Balkan) 
bearbeitet. 
Rach den schon seit längerer Zeit gültigen Aufmarschplänen sollte 
im Rußland-Falle sofort das ganze Heer mobil werden; etwas mehr 
als 4/s von ihm sollten in Galizien aufmarschieren, der Rest gegen Serbien 
stehen bleiben. 
Im Balkan-Falle sollten zunächst nur reichlich 2/ä des Heeres mobil 
gemacht und in der Hauptsache westlich der Donau gegen Serbien ver¬ 
sammelt werden, um etwa vom 15. „Mobilisierungstage" an von Nord¬ 
westen her den Angriff zu beginnen. Dieser führte in ein Gebirgsland 
ohne Eisenbahnen und mit wenigen schlechten Wegen. Es will scheinen, 
als ob hierbei die schweren Gefahren unterschätzt worden sind, die sich 
für die militärische Gesamtlage ergeben mußten, wenn Rußland dann doch 
eingriff. Sonst wäre General v. Conrad — ähnlich wie der deutsche 
!) Conrad III, S. 673.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.