Die deutschen Luftstreitkräfte bei Kriegsbeginn.
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Kölner Luftschiff, das bereits am Unternehmen gegen Lüttich beteiligt
war und auf dem Rückflug strandete*), ihre Startbereitschaft infolge einer
pom 8. August an vorgenommenen Verschiebung in ihrer Stationierung
und aus manchen technischen Mängeln bis zum 12. August, indessen mußte
die Oberste Heeresleitung auch über diesen Zeitpunkt hinaus während
der ganzen Aufmarschperiode wegen der für große Fahrten nicht gün¬
stigen Wetterlage, die fast dauernd zur Gewitterbildung neigte, auf die
Benutzung dieser Aufklärungsorgane verzichten, deren Entwicklung im
Frieden mit größtem Kostenaufwand gefördert und für die besonders
ausgebildete Generalstabsoffiziere als Beobachter eingesetzt waren.
So blieb die Lufterkundung von vornherein auf die zu Kriegs¬
beginn noch junge Fliegertruppe beschränkt. Von ihr waren fünf
Abteilungen bereits in den ersten Mobilmachungstagen, die übrigen im
allgemeinen erst vorn 9. August an startbereit. Ihre Aufmarschhäfen lagen
in der allgemeinen Linie Aachen—St. Vith—Trier—Metz—Saarburg—
Neu-Breisach. Die Feldflieger-Abteilungen waren gleichmäßig auf die '
Armee-Oberkommandos und die aktiven Armeekorps verteilt. Bei der
zahlenmäßigen Schwäche der deutschen Fliegertruppe war eine Zuteilung
von Flugzeugen an die Reservekorps nicht möglich. Die Abteilungen der
Festungen Köln, Metz, Straßburg und Germersheim standen nur in losem
Zusammenhange mit dem Feldheere und traten nicht nennenswert hervor.
Die Oberste Heeresleitung verzichtete auf den unmittelbaren Einsatz von
Flugzeugen zur weitreichenden, strategischen Erkundung. Über den Grund
für diese Maßnahme schreibt der jetzige Generalleutnant Tappen: „Das
Flugzeug als unbedingt zuverlässiges Verbindungs- und Ausklärungsmittel
hat sich erst im Laufe des Krieges entwickelt. 1914 war der Aktionsradius
der Flugzeuges noch verhältnismäßig gering. Rach damaligen Ansichten
war die Einteilung der Fliegerabteilung bei den Armee-Oberkommandos
und den Armeekorps am zweckmäßigsten, um von dort aus die stra¬
tegische Aufklärung durchzuführen."
Da die Oberste Heeresleitung aus den angegebenen Gründen sich
keinerlei Fliegerkräfte für ihre eigenen Zwecke ausgeschieden hatte,
regelten die Armee-Oberkommandos und Generalkommandos ihren Ein¬
satz nach den Bedürfnissen ihrer eigenen Lage.
Infolge dieser unzulänglichen Verwendung der Verbände und der
unvollständigen Auswertung der Lufterkundungsergebnisse blieb für die
Oberste Heeresleitung das Gesamtbild des feindlichen Aufmarsches trotz
glänzender Einzelleistungen der Flieger lückenhaft.
2) S. 115.
”) Er betrug bei günstiger Witterung bei Kriegsbeginn immerhin bereits 400 km.