Volltext: Dokumentarium zur Vorgeschichte des Weltkrieges 1871-1914

Prinz Heinrich VII. Reuß an Bismarck, 19.9. 1879 
anderen Vertragsmächte im gleichen Sinne handeln würden. Für 
eine solche Politik gemeinschaftlich zu wirken, habe man sich gegen- 
seitig verpflichtet und hoffe, daß Rußland getreu an den alten 
freundschaftlichen Beziehungen haltend, sich dem ‘ anschließen 
werde etc. etc. 
Es sei nötig, England ebenfalls Aufklärung in diesem Sinne zu 
geben. Schon um Englands willen sei es nicht wohl möglich, ein 
generelles Abkommen abzuschließen, welches Rußland mitgeteilt 
werden würde. Denn dort würde man in dem „ungenannten‘ Feinde 
sofort Frankreich erkennen wollen, und dies könne sehr üble Folgen 
haben. England zu menagieren, sei aber bei heutiger Sachlage ein 
ebenso großes Interesse Österreichs wie Deutschlands. 
Graf Andrässy hofft, daß Euere Durchlaucht seine Ideen noch 
besser ausführen möchten, als er dies imstande sei, und wünscht, 
daß es gelingen möge, Seine Majestät den Kaiser von der Notwendig- 
keit und von dem großen Gewinne, den dieses beabsichtigte Abkom- 
men für das Deutsche Reich haben wird, zu überzeugen. 
H. VII. P. Reuß 
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Gr. Pol., Bd. III, Nr. 481 
Der Reichskanzler Fürst von Bismarck, z. Z. in Wien, an den Rat 
im Kaiserlichen Gefolge Otto von Bülow, z. Z. in Metz 
Privatbrief. Eigenhändiges Konzept; unsigniert 
‚Wien, 24. September 1879 
Indem ich Ew. Hochwohlgeboren das Ergebnis meiner hies[igen] 
Besprechungen zu gef. Immediatvortr[ag] übersende, bemerke ich er- 
gebenst, daß ich aus Gründen der Kourtoisie u[nd] des persönl[ichen] 
Gefühls in dem amtl[ichen] Aktenstück nicht ausgesprochen habe, 
daß ich im Falle der Ablehnung der öst[er]r[eichischen] Vorschläge 
durch S[eine] M[ajestät], die Verantwortung für unsere Politik nicht 
weiter würde tragen können. Ich bin mir darüber in diesen sorgen- 
vollen Wochen vollständig klar geworden. Auch abgesehn von der 
Erschöpfung meiner Kräfte, die mich der Ruhe dringend bedürftig 
macht, bin ich aus Gewissensgründen ‚fest entschlossen, mich von 
jeder Verantwortung für die durch Ablehnung des öst[er]r[eichischen] 
Anerbietens bedingte Politik frei zu halten. Es leitet mich bei diesem 
Entschlusse nicht bloß die Überzeug[un]g von der Unmöglichkeit, 
die Friktion zu überwinden, welche von der geschäftl[ichen] Arbeit 
unzertrennlich ist, sobald ich mir die leitenden Grundgedanken der 
Politik S[einer] M[ajestät] nicht anzueignen vermag, ich habe mit 
meiner Gesundheit und mit meinen Kräften im Allerh[öchsten] Dienst 
niemals gegeizt; es leitet mich vielmehr die Überzeugung, daß die 
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