Volltext: Die Ereignisse von August bis zur Jahreswende ; 5 : Das Kriegsjahr 1916 ; 2 ; [Textbd.] ; (5 : Das Kriegsjahr 1916 ; 2 ; [Textbd.] ;)

14 
Die Weltlage im Sommer 1916 
Was dann noch vom serbischen Königreiche übrig blieb, sollte ein ein¬ 
geengtes, möglichst von den Mittelmächten abhängiges Sonderleben füh¬ 
ren. Soweit der Anschluß der Slowenen an ein habsburgisches Süd- 
slawien in Betracht kam, fand der ungarische Ministerpräsident Ver¬ 
bündete unter den Deutschen Österreichs, die für ihre Minderheiten und 
für die Verbindung mit Triest fürchteten. 
Nicht ganz so ablehnend verhielt sich Tissa in der polnischen Frage, 
die gleich zu Ausbruch des Weltkrieges für alle Kriegführenden zu einem 
der schwierigsten Probleme geworden war. Während Rußland unter dem 
Drucke der westlichen Demokratien einem womöglich durch Galizien 
und Posen vergrößerten Königreiche Polen weitgehende Selbstverwal¬ 
tung zusichern mußte, sah sich die Donaumonarchie, um Galizien und 
die Treue der österreichischen Polen nicht aufs Spiel zu setzen, genötigt, 
die „austropolnische Lösung" in ihr Friedensprogramm aufzunehmen. 
Tisza und die Magyaren stimmten unter der Bedingung zu, daß Polen 
nicht im „trialistischen" Sinne einverleibt, sondern mit weitgehender 
Selbständigkeit den österreichischen Ländern angeschlossen werde („sub¬ 
dualistische" Lösung). Dagegen hatte Deutschland von Anbeginn nur 
widerwillig den polnischen Plänen seines Verbündeten zugestimmt. Es 
benützte im Sommer 1916 die schwierige Lage, in die die Donaumonarchie 
durch die Ereignisse im Osten geraten war, um eine ihm genehmere 
Lösung durchzusetzen. Das Ergebnis sollte das ,,Polenmanifest" vom 
5. November 1916 sein, über das noch zu sprechen sein wird. 
Im engen Zusammenspiel mit diesen Fragen wurde auch der Ge¬ 
danke, dem habsburgischen Völkerreich, durch inneren Umbau eine 
größere Tragfähigkeit nach außen zu verleihen, trotz des Widerstandes 
der Ungarn und trotz der Einschränkung freien Meinungsaustausches 
seit Kriegsbeginn immer wieder zur Erörterung gestellt. Die Hemmnisse, 
zu bestimmten Grundsätzen für das Reformwerk zu gelangen, erwiesen 
sich freilich stets aufs neue unbezwinglich groß. Überall klafften un¬ 
überbrückbare Gegensätze. Wenn die Tschechen bei ihren Wünschen für 
die böhmischen Länder Österreichs das „historische Staatsrecht" geltend 
machten und damit die Vorherrschaft über die drei Millionen in diesen 
Ländern ansässiger Deutschen beanspruchten, so beriefen sie sich bei 
ihrem Streben, die ungarische Slowakei zu erwerben, unbekümmert um 
das gleichfalls historische Staatsrecht der Stefanskrone auf das Selbst¬ 
bestimmungsrecht der Nationen in den Grenzen ihrer Siedlung. Wenn 
die Deutschen für Böhmen dringend die Kreiseinteilung verlangten und 
von der Erfüllung dieses Wunsches ihre Mitarbeit an der Regierung ab-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.