Volltext: Die Ereignisse von August bis zur Jahreswende ; 5 : Das Kriegsjahr 1916 ; 2 ; [Textbd.] ; (5 : Das Kriegsjahr 1916 ; 2 ; [Textbd.] ;)

Die Bildung der Hindenburgfront 
Die Entwicklung der Kriegslage, zumal die schweren Rückschläge 
von Luck und Okna, hatten naturgemäß auch im Innern des Habsburger¬ 
reiches den tiefsten Eindruck hervorgerufen. Das Überraschende des 
Geschehnisses, die Größe der Katastrophe und der Verluste, über die 
selbstverständlich noch stark übertreibende Gerüchte im, Umlauf waren, 
und die wachsende militärische Abhängigkeit von Deutschland, die sich 
aus der Unvermeidharkeit starker deutscher Hilfeleistung im Nordosten 
ergab, wirkten in wechselnder Form, je nach Einstellung zu Staat und 
Nation, auf die Stimmung zurück. Schärfste Kritik richtete sich gegen 
die Führung. Im ungarischen Parlament hieß es einstimmig: „Die Übel¬ 
stände haben mit wenigen Ausnahmen in der Führung ihre Wurzel!" 
Nicht anders dachte man diesseits der Leitha. Es genügte der öffent¬ 
lichen Meinung nicht, von der Enthebung dieses oder jenes Unterführers 
zu erfahren. Auch die Stellung des Armeeoberkommandos und nament¬ 
lich des Chefs des Generalstabes erhielt einen empfindlichen Stoß. Als 
eine Woche nach der Katastrophe bei Luck der Kaiser einen der Gene¬ 
rale seiner Umgebung, den FML. Ritt. v. Marterer, nach Teschen ent¬ 
sandte, da wähnten eingeweihte Kreise die Stunde Conrads schon für 
gekommen. In der Tat wurde damals der Höchstkommandierende von 
Bosnien, Gdl. v. Sarkotic, gefragt, ob er gesonnen sei, den Posten des 
Generalstabschefs zu übernehmen, und eine ähnliche Anfrage ist wohl 
auch an den Befehlshaber der Isonzofront, GO. Boroevic, ergangen. Der 
Gedanke, Conrad zu entheben, kam bis in den Herbst hinein nicht zum 
Schweigen. Noch am 25. September brachte ihn der Kaiser gegenüber 
dem Erzherzog-Thronfolger zur Sprache 1), und dieser dachte dabei an 
die Generale Alfred Krauss, v. Arz und v. Csicserics, widerriet aber 
schließlich doch einem so einschneidenden Wechsel, der nicht zuletzt 
auch deshalb unterblieb, weil der hochsinnige Armeeoberkommandant 
FM. Erzherzog Friedrich seinem Generalstabschef auch in den Stunden 
des Mißgeschickes die Treue unverändert bewahrte. 
Die Einbuße an Vertrauen, unter der die nie' sonderlich beliebte 
Heeresleitung seit Luck zu leiden hatte, hatte inzwischen auch in der 
!) Werkmann, Deutschland als Verbündeter (Berlin 1931), 87 f.
	        
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