Volltext: Die Zeit der Annexionskrise 1906 - 1909 (Erster Band / 1921)

es sich vielleicht überlegt, ihrer Politik eine Richtung zu geben, die, mit 
der Ohnmacht Österreich-Ungams rechnend, auf seine Zertrümmerung 
hinauslief; für alle Fälle wäre aber jene Rückendeckung gegen Italien 
geschaffen gewesen, deren Mangel sich im Weltkrieg so entscheidend 
fühlbar machte. 
Ebenso war die friedlich nichtmehrzu lösende serbische 
Frage zur Zeit der Annexionskrise (1908—1909) gewaltsam zu bereinigen, 
Serbien, dieser unablässige Störefried, zur Ruhe zu zwingen, 
dadurch auch Europa der Frieden zu erhalten, vorausgesetzt, daß die 
Mächte, wie sie es so gern beteuern, stets nur Europas Frieden zum 
Ziele hatten. 
Wäre es zur Abrechnung damals gekommen, so stünden wohl 
heute nicht Serben und Rumänen tief auf ungarischem Boden und gar 
erst Italiener im Herzen von Kärnten und Tirol. 
Es mag ja bestritten werden, ob der Gang der historischen Entwick¬ 
lung aufzuhalten, die Habsburgische Monarchie zu einer Wiedergeburt, 
zu einem neuen Erblühen zu bringen war, aber mindestens eine Ver¬ 
längerung ihrer Lebensdauer wäre emgetreten und lediglich darauf kommt 
es für jeden Organismus an, denn keinem ist ja ein ewiges Fortbestehen 
zugemessen und nur der Werdegang vom Entstehen über das Empor¬ 
blühen zum Niedergang beschieden. 
Resume. 
Wenn Österreich-Ungarn die okkupierten Pro¬ 
vinzen Bosnien und Herzegowina behalten wollte, 
so war der Krieg mit Serbien unvermeidlich. Hinter 
Serbien aber stand Rußland. 
Im Jahre 1908 — 9 waren weder Serbien noch Ru߬ 
land für den Krieg vorbereitet; Österreich-Ungarn 
war es. 
Nie entschlossen, die ihm günstigen Momente zu 
erfassen, wankte nun das alte Reich dem Unheil zu! 
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