Volltext: Zur Geschichte und Literatur des Meistergesanges in Oberösterreich

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arten sich ergötzte; wie die einsamen Bewohner stiller Walddörfer in Flandern und 
Thüringen am Finkenschlage sich erfreuen und Schläge, Töne und Mordanten zählen; 
so erlustigten diese Handwerker sich an dem lustigen Beimgeklingel ihrer Gesetze 
und dieselbe Pünktlichkeit, Genauigkeit, die wesentlich von ihrer technischen Thätig- 
keit gefordert wurde, trugen sie auf das poetische mit gleicher Emsigkeit über, wobei 
das Talent eine nicht unbedingt geforderte, aber auch nicht verschmähte Zugabe war.“ 
Uhland1): „Vereinigungen zum Zwecke einer geistigen Beschäftigung und Mit- 
tlieilung, vom Bürgerstande so vieler ansehnlicher deutscher Städte durch Jahrhunderte 
fortgesetzt, können an sich schon nicht unwirksam gedacht werden.“ 
Von Oberösterreich war wohl die Existenz von Singschulen vermuthet* 2) oder 
erwähnt3), genaueres hierüber jedoch nicht bekannt. Im Folgenden soll auf Grund¬ 
lage handschriftlichen Materials der Versuch gemacht werden, die Ausbreitung der 
„holdseligen Kunst des Meistergesangs“ in unserem Vaterlande zu verfolgen; daran 
sollen sich auch einige Proben aus den Handschriften schliessen, deren Besprechung 
zunächst obliegt. 
XX. 
Meistersänger-Handschriften. 
Fünf Handschriften von Meistergesängen liegen dieser Arbeit zugrunde, welche, 
im Falle sie nicht schon eine ältere, bequeme Bezeichnung tragen, mit einer solchen 
versehen werden. 
1. S 
Die älteste derselben ist die Handschrift S, ein Oktavband in Pergament ge¬ 
bunden, mit Umschlag des rückwärtigen Deckels auf den vorderen, nach Art einer 
Brieftasche; der Umschlag ist mit einem Eisenblatte versehen, in welchem zwei 
Löcher sind, die auf Schlossarben, am Vorderdeckel angebracht, passen, so dass die 
Handschrift durch Vorlegschlösschen gesperrt werden konnte. Auf dem Bücken von 
neuerer Hand: Thomas Stromaiers Meistergesänge MS 1578 Nro. 1033. Die 
Handschrift zählt ausser dem Titelblatte und einem Blatte mit der Vorrede 155 
Blätter mit gleichzeitiger Paginierung und enthält ausser dem Eingangsgedichte 125 
Lieder. Die Schrift ist eine recht hübsche, gleichmässige. Das erste Blatt trägt in 
Canzlei-Fractur nur den Titel: 
1577 
Gesangbuch Teu 
dsclier Meistergesang aus Aid vnnd 
newen Testament. 
Das Eingangsgedicht lautet: 
Wer singen khan der sitz herzue 
vnnd sing allhie mit guetter Bue ^ 
Aus der Geschrillt Lauter vnnd Clar 
straff alle Laster Offenbar — 
All Menschen Leer, Abgötterey 
Gott wird dir treulich wonen Bey — 
Vnnd Bueff In an Zue allerfrist 
Will du genannd werden Ein Christ — 
*) Schriften zur Geschichte der Sage und Dichtung II. 327. 
2) Meindl, Geschichte der Stadt Wels. Wels 1878, II. 148. 
3) Schröer, Heimat 1880, S. 222; Bauernfeind, Kurze Geschichte Steyrs, Steyr 1880, S. 29.
	        
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