Volltext: Gedenket der vorigen Tage!

36 
Dieses Toleranzedikt sollte laut kaiserlicher Verordnung 
in jeder Gemeinde des ganzen Reiches bekannt gemacht werden 
(in Tyrol geschah dies freilich nicht), und dann sollte bis zum 
1. Januar 1783 jeder Einzelne, ohne irgend welchen Nach¬ 
theil befürchten zu müssen, sich zur evangelischen Kirche A. C. 
oder H. C. vor seiner Obrigkeit erklären und einzeichnen lassen 
dürfen. Zugleich verfügte der Kaiser mit Edikt vom 4. Dezem¬ 
ber 1781, „daß all jenen Unterthanen, welche blos der Religion 
halber aus den f. k. Erblandeu cm igriret wären und binnen 
Jahr und Tag revertiren würden, die Nachsicht der andnrch 
verwirkten Strafe zugesichert und diese auf gleiche Art, wie es 
letzthin in Betreff deren der Religion halber transmigrir- 
ten Unterthanen verordnet worden, behandelt, auch diese Aller¬ 
höchste Gnadenbezeugung durch die Zeitungsblätter ungesäumt 
zur allgemeinen Wissenschaft kund gemacht werden solle." 
Zur gehörigen Anmeldung der sich evangelisch Erklären¬ 
den war folgender Vorgang vorgeschrieben: Diese Personen 
sollten sich bei ihrem Wirthschastsamte, bei dem Magistrate 
oder beim Kreisamte persönlich oder schriftlich als Akatholiken 
melden; die beiden erstgenannten Aemter hatten der Partei 
über die geschehene Meldung eine schriftliche Bescheinigung aus¬ 
zustellen und jede Woche die bisher geschehenen Erklärungen 
dem Kreisamte zur Anzeige zu bringen; dieses berichtete so¬ 
dann, wenn die im Toleranzpatente bestimmte Zahl von 100 
Familien oder 500 Personen vorhanden war, an die Landes¬ 
stelle unter gleichzeitiger Abgabe des Gutachtens, ob und wo 
und wie die Erbauung eines Bethauses und die Berufung 
eines Seelsorgers, also die Koustituirung einer evangelischen 
Gemeinde zulässig sei. Außer dieser staatsrechtlichen Leite an 
den nächsten Folgen des Toleranzgesetzes erhielt auch die 
„herrschende Kirche" ihr Theil an der Arbeit. — Die bei 
ihrer Behörde angemeldeten Evangelischen wurden von derselben 
neuerdings vorgerufen und vor einer geistlich-weltlichen Kom¬ 
mission über ihr Bekenntniß zu einer der tolerirten Religionen 
einzeln examinirt. Die von ihnen hier abgegebenen Erklärun¬ 
gen wurden kurz protokollirt und sollten nach geschehener ge¬ 
höriger Verlesung von ihnen mit Beisetzung des Namens oder 
des Handzeichens unterfertigt werden. Das Protokoll hatte 
der weltliche Beamte zu führen, während der vom Bischof 
delegirte geistliche Kommissär eine besondere Konsignation führen 
und dieselbe seinem Ordinariate einsenden konnte.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.