Volltext: Tagebücher, Biographie und Briefwechsel des oberösterreichischen Bauernphilosophen. Zweither Teil: Aus Konrad Deubler's Briefwechsel (1848-1884). (2)

Deubler und Friederici. 
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von allen meinen guten Freunden Geschenke und Glückwünsche, so 
von Peters und Rengert, dann von Professor Kummer und 
Julius Duboc aus Dresden, Professor Dodel aus Zürich, 
von Schriftsteller Fr. Schlögl und von J. C. Fischer aus Wien, 
dann zum Schluß noch ein Telegramm von Josephine Gall— 
meyer aus Graz. Dann kam mein Schwiegersohn Zopf mit 
einem Korb voll Weinflaschen sammt einer fetten Gans (letztere 
ein Geschenk von Peters). Dazu war draußen ein wunderbar 
schöner Herbsttag. Das Leben ist bisweilen doch recht schön — 
trotz Schopenhauer. Für das Buch von Max Nordau danke 
ich Ihnen noch extra —! In diesem Buch ist das Evangelium der 
jetzt lebenden Menschheit enthalten. Ich bin mit dem geistvollen 
wahrheitsliebenden Verfasser ganz einverstanden. Seine Weltanschau— 
ung ist ganz die meinige. Nur: darin bin ich nicht ganz mit ihm 
einverstanden, daß er jeden Beamten und Geistlichen für einen 
schurkischen Gaukler und sie für elende Narren hält und daß er 
jeden Volksvertreter einen selbstsüchtigen Komödianten nennt. 
Auch stellt er das gemeinschädliche Dogma auf, daß die Arbeit 
nur eine peinliche Nothwendigkeit, ein unnatürlicher Zwang sei. 
Freilich, wenn dem so wäre, wenn Alle, die wir unser ganzes 
Leben lang arbeiten, Nichts mehr wären als mürrische Bergar— 
beiter und Holzknechte oder Taglöhner; wenn die Kultur uns 
neben der reichen Auswahl von Berufsarten und Aufgaben zur 
Entfaltung unserer individuellen Kräfte nicht auch die Freude an 
der Arbeit und dieser Willensbethätigung vermittelte: dann wäre 
die Welt allerdings so traurig und das Leben in der Gegenwart 
so werthlos, wie dieser Nordau uns glauben machen will. Nein, 
er soll nur zu uns kommen und unsere Holzknechte und Bauern 
fragen, ob ihnen das Leben eine Last oder eine Bürde ist. Sie 
würden seine Fragen gar nicht verstehen! 
Für mich ist dieses hochinteressante Buch die beste Schrift, 
die ich in neuerer Zeit gelesen, und sehr wichtig. Nur ist es 
schade, daß Nordau nicht den Feuerbach, statt dem pessimisti— 
schen Schopenhauer und seinem Schleppträger Ed. Hartmann, 
besser studirt hat! In dieser gegenwärtigen Zeit, wo in ganz 
Europa der Rückschritt ins Mittelalter auf der Tagesordnung
	        
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