Volltext: Tagebücher, Biographie und Briefwechsel des oberösterreichischen Bauernphilosophen. Erster Theil: Konrad Deubler's Lebens- und Entwicklungsgang. (1)

Die „Verzeichnungen“ im Bilde. 
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konsequent immer wieder nach Verbotenem auslugte. Freilich 
machte er von diesen entwischten Opfern der Censur einen sehr 
vorsichtigen Gebrauch. Die Werke eines Lassalle, eines Heinzen, 
Bebel, Proudhon, Karl Marx, eines Most und anderer „Um— 
stürzler“ hatte Deubler nur für sich; er las sie im stillen 
Kämmerlein, wie das Backfischchen seine verbotenen Romane — 
und stellte diese Bücher und Schriften „gefährlicher“ Tendenz 
keineswegs zu seinen anderen Bibliothekschätzen, sondern dorthin, 
wo sie höchstens die Katze, nicht aber die Polizei finden konnte. 
Es sei hier hervorgehoben, daß nach Deubler's letztem 
Willen kein einziges verbotenes Buch in der Bibliothek seines 
Sanktuariums verbleiben durfte. Da die letztere für die Deubler— 
freunde zur Benutzung geöffnet bleiben soll, so wollte er mit 
dieser seiner letztwilligen Verfügung allen polizeilichen Eventuali— 
täten rechtzeitig begegnen, und so ist es denn auch gehalten worden. 
Ich habe mich redlich bemüht, in Vorstehendem die Charakter— 
züge von Deubler's Wesen ans Tageslicht zu heben, jede „benga— 
lische Beleuchtung“ unterlassend. Es wölbt sich über diesem 
herrlichen Menschen ein lichtblauer Himmel, aus welchem die 
Sonne der Wahrheit wohl zu Zeiten brennend heiß hernieder— 
leuchtet und die Umrisse dieses Mannes aus dem Volke in scharf 
konturirtem Schlagschatten auch in seine Umgebung abzeichnet. 
Der andächtige Beschauer dieses Bildes wird da und dort an 
der Hautperson unseres Dramas unschwer auch einige Fehler 
entdecken. Ich habe deren keine verdeckt und bin der Meinung, 
daß ich Unrecht gethan haben würde, die Flecken im Bilde zu 
derschweigen. Es giebt nichts Vollkommenes, nichts Fehlerloses 
unter dem Himmel, auch keinen, nicht einen einzigen fehlerfreien 
Menschen und es wäre Thorheit und Frevel zugleich, im Bilde 
eines Menschen, der für Tausende seiner Mitbürger zu Lebzeiten 
ein Vorbild gewesen und für Abertausende von Nachkommen ein 
lehrreiches und erhebendes Beispiel zur Nachlebung sein wird, 
jene Züge zu verwischen, die als „Verzeichnungen“ der Künstlerin
	        
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