Volltext: Tagebücher, Biographie und Briefwechsel des oberösterreichischen Bauernphilosophen. Erster Theil: Konrad Deubler's Lebens- und Entwicklungsgang. (1)

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Schlußbetrachtung. 
Ziel erreichen werde, und daß sich endlich Alles zum Wohlge— 
fallen schlichtn werde.““ So sprach der Bauer — fügt 
Rosegger hinzu — der Bauer, der nicht einmal orthographisch 
schreiben konnte: „Ich habe kaum Einen gefunden, vor dessen 
tiefer, wahrer Bildung ich einen größeren Respekt bekommen, als 
vor der des Konrad Deubler.“ 
Weiterhin hat unser Freund tugendhafte Toleranz bewiesen 
in dem mehr als vierzig Jahre dauernden Umgang mit seinem 
Herzensfreund Robert Kummer. Der Leser jener Briefe 
zwischen Konrad und Robert wird an mehr als Einer Stelle 
wahrnehmen, daß Kummer nie Materialist war, es bis zum Tode 
Deubler's nie gewesen ist. Und doch, wie herzinnig war die 
Freundschaft zwischen diesen Beiden! Wie zart schonte Konrad die 
uͤberzeugung seines Robert und umgekehrt dieser Dresdener 
Freund die Überzeugung seines Primesberger Freundes! Aber 
so ist's: Wahre Bildung und Geistesfreiheit macht duldsam. 
In seiner Toleranz und zarten Schonung der Überzeugung 
Anderer steht Deubler somit als Muster da. Er nahm in allen 
Lagen seines Lebens die Menschen als Produkte der Verhältnisse 
und als solche begriff er sie. Lange Zeit war ja sein Wahl⸗ 
spruch: „Alles begreifen heißt Alles verzeihen.“ Ein solcher 
Mensch konnte nicht intolerant sein, und so kam es denn, daß 
er manchem seiner Verehrer gegenüber mit seiner Meinung 
hinter dem Berge hielt, um ja nicht zu verletzen und dort Un— 
ruhe und Zweifel zu erregen, die weder Anderen noch ihm nützen 
konnten. Trotzdem war er zu sehr Mann, als daß er ge— 
gebenen Falles seine Meinung hätte verleugnen können: er konnte 
schweigen und schwieg auch in der That — geheuchelt hat 
er nie. — Entgegen Rosegger hielt Deubler dafür, daß die 
Menschheit aus sich selbst an ihrer ethischen Vervollkommnung 
arbeite und hierzu keines überirdischen Succurses bedürfe. Er 
glaubte an die menschliche Tugend als an etwas zum Bestehen 
des ganzen Geschlechtes Nothwendiges. Der bewußte Wille 
über Erde und Himmel erschien ihm nicht minder als Phantom, 
wie Hartmann's „Unbewußtes“. Er bedurfte weder des Einen
	        
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