Volltext: Tagebücher, Biographie und Briefwechsel des oberösterreichischen Bauernphilosophen. Erster Theil: Konrad Deubler's Lebens- und Entwicklungsgang. (1)

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Schlußbetrachtung. 
Höchsten schweben will — noch später, da er in Venedig 
auf dem Campanile der Markuskirche seine philosophischen Be— 
trachtungen anstellt. Freilich, das war dem klaren Denker als— 
bald offenbar, daß die Unsterblichkeitsfrage eigentlich der Angel— 
punkt ist, um den sich alle übrigen Kirchendogmen drehen, wie 
denn ja schon ein Apostel gesagt: „Wenn Christus nicht auf— 
erstanden, so ist euer Glaube eitel.“ 
Das steht aber in innigstem Zusammenhang mit dem 
Wunderglauben. Da nun aber durch Zschokke's „Stunden 
der Andacht“ und dessen übrige Schriften, die ja alle aus einem 
überreichen Gemüthe erstanden sind, der Glaube an Wunder in 
bekannter rationalistischer Weise bekämpft und durch David 
Fr. Strauß für alle unbefangen Denkenden aus der Welt ge— 
schafft wurde, so mußten durch die Werke dieser beiden Theo— 
logen und schließlich durch Feuerbach's „Gedanken über Tod 
und Unsterblichkeit“ die Säulen des Glaubensgebäudes auch bei 
Deubler vollständig ins Wanken gerathen. Wir haben keine 
rechte Vorstellung davon, wie lange und wie intensiv der innere 
Kampf, dieser Widerstreit zwischen Glaube uund Unglaube in 
Sachen der Unsterblichkeit, bei Deubler vorhielt. Aber wir 
Alle, die im Elternhause die Milch der frommen Christenart 
getrunken, um hernach in der realen Welt des Wissens und 
Forschens den Ballast des Glaubens abzuwerfen: wir haben 
doch eine Ahnung von der Größe dieser Gedankenarbeit, die 
Deubler überwinden mußte, bis er die Kinderschuhe seines 
Katechismusglaubens abgelaufen und die starkbenagelten Berg— 
schuhe einer rationellen Weltanschauung erworben und sich fest 
umgeschnallt hatte, um sichern Schrittes die Pfade hinan zu 
steigen zu den luftigen, weitaus blickenden Höhen herrlicher 
Naturerkenntnis. Wir sagen, daß es eine große Gedankenarbeit 
gewesen sein muß; denn es klingt da und dort aus den Frag— 
menten der Deubler'scher Aufzeichnungen heraus, daß er immer 
noch abwägt, immer noch nach neuen Aufklärungen verlangt — 
wohl zwanzig Jahre lang und noch mehr, ehe die Zweifel ver— 
stummen und für immer überwunden sind.
	        
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