Volltext: Tagebücher, Biographie und Briefwechsel des oberösterreichischen Bauernphilosophen. Erster Theil: Konrad Deubler's Lebens- und Entwicklungsgang. (1)

Hermann Rollett. 
221 
weiterer Vervollkommnung entgegen. Deubler acceptirte den Tod 
willig und ohne Murren als einfache Naturnothwendigkeit. So 
konnte er denn auch so sterben, wie er gelebt — als ganzer 
Mann: aufrecht und ohne Zagen. 
Doch verfolgen wir erst die Ereignisreihe der letzten 12 Jahre 
von Deubler's Leben. 
Der Frühling von 1873 brachte einen lieben Besuch auf den 
Primesberg: Hermann Rollett, einer der hervorragendsten 
Lyriker von Deutsch-Osterreich, kam herauf. Seine Freiheit 
athmenden und Naturoffenbarung verherrlichenden Gedichte aus 
den Vierziger Jahren“) hatten im vormärzlichen österreich 
lebendigen Wiederhall gefunden und die auf 1848 folgende 
Reaktion hatte diesen braven Sänger für einige Jahre in die 
Fremde getrieben. Er hatte, wie Deubler, die Bitterkeit des 
Exils gekostet. Ein solcher Sänger, dessen Dichtungen nach dem 
Ausspruch des berufensten Kritikers die „geistige Entwickelung 
Jung-⸗sterreichs“ darstellen, konnte schon dem schwärmerischen 
Müller in Hallstatt nicht entgehen *8). Beide Recken — Dichter 
und Müller — trafen sich aber erst im späteren Leben, eben 
dieses Mal*ck). Kurz darauf machte Deubler auch mit August 
Specht zu Gotha persönliche Bekanntschaft. Die Briefe, welche 
diese beiden Freunde an die 10 Jahre mit einander gewechselt, liefern 
*8) 1842 erschienen als erstes lyrisches Buch von Rollett die „Lieder⸗ 
kränze“, 1845 in Jena seine „Frühlingsboten aus österreich“, 1846 sein 
Wanderbuch eines Wiener Poeten“, 1847 „Frische Lieder“, 1848 sein 
Republikanisches Liederbuch“, „Kampfeslieder“. 
*5) Gleich verdient wie als Dichter erscheint uns Hermann Rollett 
als Forscher auf kunsthistorischem Gebiet, wovon seine Monographie über 
„Die drei Pichler“ (Gemmenschneidekunst) und das einzig dastehende Pracht⸗ 
herk über „Die Goethe-Bildnisse“ 1882 Zeugnis ablegen. Rollett kehrte 
Nitte der Fünfziger Jahre in seine Heimat zurück; der vorher Gehetzte 
und Verfolgte ward — ähnlich wie Deubler — von seinen Mitbürgern 
zu Ehrenstellen berufen; die Wähler von Baden bei Wien beriefen ihn 
n den Gemeinderath; bald ward er auch Viece-Bürgermeister, Bezirks— 
schulrath, Ortsschulvorsteher und im Jahr 1876 Stadt⸗Archivar und Museums⸗ 
Kustos. Seine zahlreichen Verehrer und Freunde feierten 1882 den 
40. Jahrestag des Erscheinens seiner „Liederkränze“, wobei eine kunstvolle 
Denkmuünze geprägt wuͤrde — eine Auszeichnung, die selten einem lebenden 
Dichter zu Theil wird. 
xxx*x) Vergl. II. Theil.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.