Volltext: Tagebücher, Biographie und Briefwechsel des oberösterreichischen Bauernphilosophen. Erster Theil: Konrad Deubler's Lebens- und Entwicklungsgang. (1)

220 Die letzten Lebensjahre (1872-1884). 
Reichthum das Auge des Menschen sehen, das Ohr zu hören, 
die Hand zu unterscheiden — das Hirn denken lernte. Das 
Gesetz der Kausalität, die Beziehung zwischen Ursache und 
Wirkung, zwischen Grund und Folge wurde ihm erst jetzt an 
Tausenden lehrreicher Exempel als koncrete Einheit klar. In 
J. C. Fischer fand er den konsequenten Materialisten, der das 
Gesetz von der Erhaltung der Kraft und der Unzerstörbarkeit des 
Stoffes auf die wichtigsten Gebiete des sogenannten Geisteslebens 
übertragen wissen und allseitig anwenden will.“ Darwin zeigte ihm 
durch den Zoologen Haeckel und später auch durch den Botaniker 
Dodel-Port auf die einfachste Art, wie die Natur allein und einzig 
durch sich selbst vom Einfacheren zum Zusammengesetzteren, vom 
Unvollkommenen zum Vollkommeneren, vom Niedrigen zum 
Höhern fortzuschreiten vermochte, ohne eines dirigirenden Gottes 
oder einer zielbewußten Weltkünstlerhand zu bedürfen. Das hat 
Deubler in diesem seinem letzten Lebensabschnitt noch reichlich 
durchgedacht, lebendig warm erfaßt und in jugendfrischer Be— 
geisterung sich glücklich gepriesen, daß er noch Zeitgenosse geworden 
eines Darwin und Haecckel. Diese naturwissenschaftliche Begrün— 
dung und Ausweitung seiner materialistischen Weltanschauung 
war die Krönung seines logischen Gedanken- und Entwickelungs— 
ganges. Das festigte seine Überzeugung derart, daß er mit 
vollem Bewußtsein aller Ansprüche auf eine persönliche Fort— 
dauer nach dem Tode freudig sich entschlagen konnte. Die Frage 
der Unsterblichkeit, die ihm von Knabenjahren an bis ins reifste 
Mannesalter fast immer am meisten zu schaffen machte, blieb 
definitiv erst mit dem Verständnis des Darwinismus bei Deubler 
für alle Zeit begraben. Auf dem Grabe dieses üppigen Ge— 
dankens menschlicher Selbstsucht und Unersättlichkeit ersproßten 
für den ruhig gewordenen Denker die herrlichen Blüthen der 
Entwicklungslehre. Das einzelne Lebewesen ist nur ein hin— 
fälliges Glied in der unabsehbar langen Kette aufeinander fol— 
gender, zu immer höherer Entwicklung ansteigender Generationen. 
Das Individuum geht unter, die Gattung aber bleibt 
erhalten und schreitet auf dem Wege progressiver Entwickelung
	        
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