Volltext: Die österreichisch-ungarischen Dokumente zum Kriegsausbruch

67 
gegen Serbien fortgesetzt werden und die russische Mobilisierung 
eingestellt werde. 
Der k. k. Ministerpräsident führt aus, der Gedanke 
einer Konferenz sei ihm so odios, daß er selbst ein scheinbares Ein¬ 
gehen auf denselben vermeiden möchte. Er halte daher den Vorschlag 
des Grafen Tisza für den richtigen. Wir müßten den Krieg mit 
Serbien fortsetzen und uns bereiterklären, mit den Mächten weiter 
zu verhandeln, sobald Rußland seine Mobilisierung einstelle. 
Herr von B i 1 i ñ s k i findet die Anregung des Grafen Tisza 
außerordentlich geschickt und würden wir durch das Stellen der er¬ 
wähnten zwei Bedingungen Zeit gewinnen. Auch er könnte sich 
mit der Idee einer Konferenz nicht befreunden. Der Verlauf der 
Londoner Konferenz stünde in so entsetzlicher Erinnerung, daß sich 
die ganze Öffentlichkeit gegen die Wiederholung eines solchen Schau¬ 
spieles auflehnen würde. Auch er sei der' Ansicht, man solle den 
englischen Vorschlag nicht schroff ablehnen. 
Nachdem noch Freiherr von Bur ián sich in zustimmendem 
Sinne geäußert hat, wird der Vorschlag des Grafen Tisza einstimmig 
angenommen und festgestellt, daß prinzipielle Geneigtheit besteht, 
auf den englischen Vorschlag unter den zwei vom Grafen Tisza auf¬ 
gestellten Bedingungen einzugehen. 
Der Vorsitzende hebt hierauf hervor, wie wichtig es sei, 
Italien beim Dreibund zu erhalten. Nun hätte sich aber Italien auf 
den Standpunkt gestellt, der Konflikt sei von uns provoziert worden, 
und unser Vorgehen gegen Serbien habe eine aggressive Spitze gegen 
Rußland. Aus allen Äußerungen des Marquis di San Giuliano gehe 
klar hervor, daß die ganze italienische Haltung von dem Verlangen 
nach einer Kompensation getragen sei. Italien stütze dieses sein 
Verlangen auf den Wortlaut des Artikels VII des Dreibundvertrages. 
Unsere Auffassung sei, daß laut dieses Artikels das Recht auf eine 
Kompensation nur dann bestünde, wenn wir türkisches Ge¬ 
biet auf dem Balkan dauernd oder vorübergehend besetzen würden, 
da dem Geiste des Vertrages nach nur von Gebieten des Empire 
Ottoman die Rede sein könne. Italien behaupte dagegen, daß, nach¬ 
dem an einer Stelle auch die Worte »dans les Balcans« vorkommen, 
die ganze Balkanhalbinsel gemeint sei. Wenn sich auch die italienische 
Auffassung durch eine Reihe von Gründen bekämpfen ließe, so müsse 
er doch darauf hinweisen, daß die deutsche Regierung sich die An¬ 
schauung Italiens zu eigen gemacht hätte. Im Laufe der letzten 
Woche seien täglich Demarchen bei ihm gemacht worden, um zu 
erreichen, daß sich die k. u. k. Regierung der Auffassung der Kom¬ 
pensationsfrage seitens der zwei anderen verbündeten Mächte an¬ 
schließe. 
Der k. u. k. Kriegsminister erwähnt, daß ihm der k. u. k. 
Militârattaché in Berlin berichtet hätte über Unterredungen, die er 
mit Kaiser Wilhelm und Generalstabschef Graf Moltke gehabt hätte,
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.